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Helga König im Gespräch mit Henryk M. Broder

Lieber Herr Broder, ich habe dieser Tage das Buch "Früher war alles besser", das Sie gemeinsam mit Michael Miersch, Josef Joffe und Dirk Maxeiner verfasst haben,  rezensiert. Dazu möchte ich Ihnen einige Fragen stellen.

Helga König: Sind Sie ein Mensch, der sich gedanklich im Jetzt eingerichtet hat oder neigen Sie zu rückwärts gewandten Reflexionen?


Henryk M. Broder
 Henryk M. Broder: ich lebe im übermorgenland.


Helga König: Worin liegt der Schwerpunkt des Buches, in der Erheiterung der Leser oder eher in deren Aufklärung im Hinblick auf das eher trübe Gestern?

Henryk M. Broder: im spass am schreiben.


Helga König:  Begreifen Sie sich im Heute als "Bürgerschreck" nach der Definition Michael Mierschs?

Henryk. M. Broder: nein ladykiller.


Helga König: Ihre Definion des Begriffs "Ehehygiene" hat mir gefallen. In welchem Jahrzehnt erfuhren Sie, dass eine Frau einen klitoralen Orgasmus haben kann?

Henryk M. Broder: als ich 16 war.


Helga König: Im Buch gibt es zahlreiche Begriffsdefinitionen zu Speisen aus früheren Tagen, wie etwa den "Hawaii-Toast" und dergleichen. Wie reagierten Sie einst als Gourmet (ich vermute, dass Sie ein solcher sind) auf diese Speisen, neugierig, irritiert oder schon damals angewidert?

Henryk M. Broder: ich esse nix mit geschmolzenem käse.


Helga König: Miersch hat Bedenken, dass es heute noch Intellektuelle gibt, die diesen Namen verdienen. Sind Sie eines der letzten Fossile?

Henryk M. Broder: nein, ein handwerker.

Helga König: Mit großer Neugierde las ich, was Sie zum Begriff "Liedermacher" geschrieben haben. War die Mehrzahl der Zuhörer auf Burg Waldeck bei dem Satz Dr. Dr. Dr. Schwendters "Die Maturantinnen sind alle Masturbantinnen" erheitert oder reagierten sie eher schmallippig? Wie weit fortgeschritten war die sexuelle Befreiung Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre wirklich?

Henryk M. Broder: es gab keine.


Helga König: Prügelnde Lehrer und Eltern wurde bis in die 1970er Jahre an Ihrem Tun nicht gehindert. Glauben Sie, dass der Krieg zur Verrohung der Vorgeneration geführt hat oder meinen Sie, dass andere Gründe für die Wutausbrüche (getarnt als Erziehungsmaßnahmen) der Erwachsenen, die sie an Kindern ausließen, verantwortlich gewesen sind ?

Henryk M. Broder: geprügelt haben alle, auch die kriegsdienstverweigerer.


Helga König:  Schier schippelig gelacht habe ich mich über Ihre Begriffsdefinition "Repressive Toleranz". Wieso versuchten Adorno, Horkheimer und wie sie alle hießen, ihren Lesern durch ihre Texte Knoten ins Hirn zu zaubern? Ist es nach ihrer Meinung möglich, alles, was man begriffen hat, auch einfach auszudrücken?

Henryk M. Broder: Helga König: das müssen sie a&h fragen.


Helga König: Letzte Frage. Besaßen Sie als Kind auch ein "Leibchen" und wenn ja, welche Erinnerungen hat dieses Kleidungsstück bei Ihnen hinterlassen?

Henryk M. Broder: nein, ich lief immer im matrosenanzug rum.


Herr Broder, herzlichen Dank für das erhellende Interview.

Mit freundlichen Grüßen

Helga König

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1 Kommentar:

  1. Kurz, bündig und wirklich erhellend! Danke für dieses Interview, das ich mit Genuss und Gewinn gelesen habe!

    Walter-Jörg Langbein

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