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Helga König im Gespräch mit Alfons Schuhbeck

Lieber Herr Schuhbeck, vor geraumer Zeit habe ich Ihr Buch „Meine Küche der Gewürze" rezensiert. Hierzu möchte ich Ihnen heute einige Fragen stellen.

Helga König: Gibt es bei einzelnen Gewürzen große Qualitätsunterschiede?

Alfons Schubeck
Alfons Schubeck: Wie alle Nahrungsmittel werden in Deutschland auch Gewürze überprüft, bevor sie in den Handel kommen. Das gilt selbstverständlich auch für meine Gewürze. Bei der Prüfung werden die Lebensmittel auf verschiedene Kriterien hin abgeklopft. Ein Kriterium ist die Qualität. Und da gibt es in der Tat gewisse Abstufungen, feine Unterschiede, die darüber entscheiden, welcher Qualitätsstufe ein Lebensmittel zugerechnet wird. Je nach Lebensmittel sind die Qualitätskriterien etwas unterschiedlich. Beispielsweise bedeutet Qualität bei Kaffee etwas anderes als bei Fleisch oder bei Mehl etwas anderes als bei Gemüse. Aber zurück zu den Gewürzen: Woran erkennt man beim Gewürzeinkauf gute Qualität? Da darf man ruhig seinen Augen und seiner Nase vertrauen: Eine satte, kräftige Farbe und ein deutliches, würziges, angenehmes Aroma sind immer ein Zeichen guter Qualität. Und Qualität ist für mich sehr wichtig – bei all meine Produkten.


Helga König: Wie wirken sich diese auf den Preis aus?

Alfons Schubeck: Gute Qualität hat einen gewissen Preis. Aber sie muss diesen Preis wert sein, sich also im wahrsten Sinne des Wortes als „preis-wert“ erweisen. Gewürze enthalten eine ganze Reihe wertvoller Inhaltsstoffe, die für unser Wohlbefinden gut sind: Vitamine, Enzyme, Mineralstoffe zum Beispiel, nicht zu vergessen die hocharomatischen ätherischen Öle. Ich biete alle meine Gewürze und Gewürzmischungen auch in gut verschließbaren, luftdichten und lichtgeschützten Verpackungen an. So bleiben ihre wertvollen Aromen voll und ganz erhalten. Wenn man die Gewürze so zu Hause aufbewahrt, hat man lange Freude an ihnen.


Helga König
Helga König:  Verwenden Sie Ingwer nur an asiatischen Gerichten?

Alfons Schubeck: In Bayern hat man schon vor 500 Jahren Bier mit Ingwer gewürzt. Und schon im Mittelalter war Ingwer aus dem Lebkuchengewürz nicht wegzudenken. Ich erzähle das, weil sich bei uns bis vor gar nicht langer Zeit der Eindruck festgesetzt hatte, Ingwer sei ein exotisches Gewürz – und deshalb nur für die exotische Küche geeignet. Da ist durchaus was dran, seiner Herkunft nach ist der Ingwer ja ein Exot, er stammt ursprünglich aus dem Fernen Osten. Aber seine Verwendung? Da waren unsere Vorfahren schon um einiges weiter als wir. Für sie gehörte Ingwer zur guten Küche einfach dazu. Er war für sie fast ein Allroundgewürz. Und für mich ist er das auch! Ich fand Ingwer immer schon faszinierend. Nicht nur geschmacklich. Auch wegen seiner Inhaltsstoffe. Er ist ein Alleskönner und zählt zu den wirkungsvollsten sogenannten „Ätherisch-Öl-Gewürzen“. Sein Aroma harmoniert mit Süßem und Salzigem, mit Schärfe und feiner Säure, mit Fleisch und Früchten, Fisch und Gemüse. Und dass er im Doppelpack mit Knoblauch in Sachen Wohlbefinden ein unschlagbares Duo abgibt, das erzähle ich immer wieder gern: Beide Gewürze sind ja starke Radikalfänger. Wenn man sie miteinander kombiniert, verstärkt sich ihre antioxidative Wirkung um 50 Prozent.


Helga König:  Ab welcher Menge kann man sich durch Muskatnuss vergiften?

Alfons Schubeck: Ganz einig sind sich die Wissenschaftler da nicht. Die einen sagen, wenn man eine ganze Muskatnuss auf einmal essen würde, wird’s gefährlich, die anderen meinen, erst ab drei Stück würde es happig werden. Aber ehrlich: Wer hätte groß Lust, eine ganze Muskatnuss zu verputzen? Es wäre auch nicht ungefährlich, ein Glas Essig gegen den Durst zu trinken. Und wer ein Pfund frischer Thai-Chilis essen würde, dem ginge es danach vermutlich auch nicht gerade rosig. Deshalb braucht man sich von solchen theoretischen Ergebnissen nicht ins Bockshorn jagen zu lassen. Die Menge Muskat, die wir in der Küche verwenden, ist vergleichsweise winzig. Und vollkommen unbedenklich. Im Gegenteil: Fein dosiert, entfaltet die Muskatnuss wohltuende Eigenschaften. Sie kurbelt zum Beispiel die Gallensaftbildung an. Und macht fetthaltigere Speisen bekömmlicher.


Helga König: Es wird immer wieder behauptet, dass ungarische Paprikafelder ökologisch bedenklich sind. Ihr Paprikapulver ist hochpreisig. Ist es deshalb teurer als andere Produkte, weil die Qualität besser ist?

Alfons Schubeck: Ein gutes Paprikapulver duftet warm, leicht fruchtig, ein bisschen süßlich und sehr vollmundig. Wenn man daran schnuppert, macht sich eine feine, angenehme Schärfe bemerkbar. Und es muss eine leuchtend ziegelrote Farbe haben, die satt und tief wirkt. Eine solche Qualität kann nicht ganz billig sein. Aber sie ist ihren Preis wert. Und natürlich werden alle meine Gewürze auf ihre Unbedenklichkeit hin überprüft. So wie alle Lebensmittel in Deutschland streng kontrolliert werden, bevor sie auf den Markt kommen.


Helga König: Mir gefällt Ihr Paprikapesto im Buch sehr gut. Dort verwenden Sie auch geröstete Koriander- und Fenchelsamen. Wozu kann man diese Mischung noch verwenden?

Alfons Schubeck: Beide Gewürze machen sich toll in Mischungen für die Gewürzmühle. Richtig dosiert, spielt der Koriander einen seiner größten Trümpfe aus: Er ist ein harmonisierendes Gewürz, macht sich gut im Team. Er kann dominierenden Aromen die Spitze nehmen und zwischen den Charakteren der Gewürze einen Ausgleich schaffen. Der Fenchel kann das durchaus auch. Er nimmt zum Beispiel dem Lavendel seine Parfümhaftigkeit, passt sich dem Aroma von Zitrus- oder Orangenschale harmonisch an und verträgt sich gut mit Muskat und Kümmel. Deshalb kommen Fenchel und Koriander auch in indischen Currymischungen vor. Sie tragen zum harmonischen Gesamtergebnis bei. Wenn man sie geröstet verwendet, entfalten sie ihre ganze geschmackliche Power. Aber Achtung: Erst kurz vor der Verwendung rösten und dann gleich verbrauchen. Denn durch die Wärme verflüchtigen sich ihre Aromen relativ schnell.


Helga König: Ich bin stets etwas zögerlich bei Langem Pfeffer. Sie haben ihn an den »Saibling-Rouladen auf Gurken-Ingwer-Salat« verwendet. Worin unterscheidet sich diese Pfefferart von anderen?

Alfons Schubeck: Langer Pfeffer wird gern ein bissel unterschätzt. Völlig zu Unrecht: Geschmacklich lässt er es nämlich gehörig krachen. Er ist, sozusagen, der große Bruder des Schwarzen Pfeffers. Schwarzer Pfeffer enthält 1 bis 3 Prozent Piperin, Langer Pfeffer gut 6 Prozent. Piperin ist der charakteristische Scharfstoff der Echten Pfeffergewächse. Und weil im Langen Pfeffer so viel Piperin steckt, sagen manche, er sei der Inbegriff des Pfeffergeschmacks. Er kann aber noch mehr. Langer Pfeffer duftet nach Gewürznelken, hat eine feine Fruchtigkeit und ein warmes, herzhaftes Aroma. Noch ein Plus: Er ist super handlich. Man kann ihn in Stückchen hacken und in eine Gewürzmühle geben, zum Beispiel für Pfeffermischungen. Oder man reibt ihn einfach mit der Gewürzreibe frisch über die Speisen.


Helga König: Gefallen haben mir auch Ihre Gedämpften Muscheln in Anis-Ingwer-Sud. Wieso verwenden Sie neben dem Anislikör auch noch den Anissamen? Wird das Aroma dann nicht zu anisüberladen?

Alfons Schubeck: Anis ist ein gehaltvolles Gewürz, das sich nicht gern in den Hintergrund drängen lässt. Aber er wirkt sehr charmant, wenn man ihn zu nehmen weiß und ein wenig bändigt. In dem speziellen Rezept habe ich ihm starke Partner zur Seite gestellt, die seine Aromen weich einbinden und ihnen ein wenig die Spitze nehmen: Kokosmilch, Sahne, aber auch Vanille, die ein ausgleichendes Wesen besitzt und das Talent hat, hervortretende Aromen gut in eine geschmackliche Gesamtkomposition einzubinden. Hinzu kommt noch ein bisschen Kochtechnik. Die Anissamen und der Anislikör werden für dieses Rezept gleich zu Anfang an eingesetzt. Wenn das Gericht servierfertig ist, hat sich ihr stürmisches Temperament schon ein wenig gelegt – sie wirken zahmer, weicher, spielen jetzt auf einer anderen Ebene. Und bringen die mineralische Note der Muscheln perfekt zur Geltung.


Helga König: Irritiert hat mich zunächst die Vanille an Ihrem Sellerie-Vanille-Püree. Allerdings finde ich das Geschmackserlebnis überirdisch gut. Gibt es viele Speisen, neben den Süßspeisen, die man mit Vanille aromatisieren kann?

Alfons Schubeck: Die Vanille ist eines meiner liebsten Gewürze, weil sie ungemein vielseitig ist. Schnuppern Sie doch mal an einer Schote: Sie werden merken, dass Vanille nicht unbedingt lieblich wirkt, sondern auch markante, angenehm würzige Noten hat, darunter auch fruchtige und solche nach edlen Hölzern. Das ätherische Öl der Vanille wirkt entspannend und ausgleichend. Und besonders diese Eigenschaft macht die Vanille so ideal für viele Gerichte. Sie gleicht Aromen untereinander aus, mildert zum Beispiel die feine Säure von Tomaten. Oder die Schärfe von Chilischoten. Oder probieren Sie mal die Kombination von Knoblauch und Vanille in einer Vanille-Gewürzbutter aus. Und geben Sie einen Stich davon auf gedünsteten Fisch, oder zu Spinat, Blumenkohl und Karotten – schmeckt super.

Helga König: Zum Ende Ihres hervorragenden Buchs haben Sie noch einige Ihrer Gewürzmischungen vorgestellt. Nach welchen Kriterien sind Sie bei den Mischungen vorgegangen?

Alfons Schubeck: Ich beschäftige mich jetzt seit fast 30 Jahren mit Gewürzen und ihrer Wirkung. Zu einem Drittel kommt mir beim Kreieren neuer Mischungen die Erfahrung entgegen, zu einem Drittel spielt meine Intuition hinein und zu einem Drittel die Lust am Komponieren, an der Herausforderung, aus einem Haufen eigenwilliger Charaktere und Talente ein gut funktionierendes Team zusammenzustellen, das sich gegenseitig befeuert und im Zusammenspiel zur Harmonie findet. Klar, manche Gewürze sind so dominierend, so starke Persönlichkeiten, dass man bei ihnen wie ein Dompteur auftreten muss, der sie ein wenig bändigt und ihnen Partner zur Seite stellt, die sie besänftigen. Solche Draufgänger sind zum Beispiel Anis, Estragon, manche Chilisorten oder auch der Kubeben- und der Sichuanpfeffer. Aber alles in allem gefalle ich mir besser in der Rolle des Komponisten, der aus dem Spiel mit den Variationen schöpft und aus vielen aromatischen Noten eine geschmackliche Sinfonie komponiert. Wenn das Ergebnis dann stimmig wirkt, erfüllt mich das mit Freude.

Lieber Herr Schuhbeck, herzlichen Dank für das aufschlussreiche Interview.

Ihre Helga König

Foto aus dem Bestand von Alfons Schuhbeck- Der Fotograf ist mir nicht bekannt.
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1 Kommentar:

  1. Meine Lieblingsknolle ist nach wie vor Ingwer, sei es frisch gerieben in der Sauce oder als Beilage zu Gegrilltem, Ja sogar im Kaffee als leichte Nuance gibt es der guten Tasse Kaffee den richtigen Kick.Am Besten allerdings immer noch scheibchenweise im frischen Bier und hält gesund. mfg Günter Draxler

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