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Helga König im Gespräch mit Viktoria Freifrau von dem Bussche

Sehr geehrte Frau von dem Bussche, dieser Tage habe ich Ihr Buch „Ich träume von einem Küchengarten“ rezensiert. Heute möchte ich Ihnen dazu einige Fragen stellen.

Helga König:  Sie schreiben, dass das Paradies auf Erden in Persien seinen Anfang nahm. Könnten Sie sich vorstellen, sich mit iranischen Gärten im Hier und Heute in einem Ihrer nächsten Bücher zu befassen?

 Victoria Freifrau von dem Bussche

Viktoria Freifrau von dem Bussche: Das wäre eine wunderbare Idee! Es muß phantastische Rosengärten dort geben! Und wie schön wäre es, beim Thema Iran an Gärten und nicht an Raketen denken zu müssen. Momentan habe ich noch keine Zeit – aber wer weiß? In zwei, drei Jahren? Und vielleicht ist es dann dort soweit, dass „ein Gespräch über Gärten kein Verbrechen mehr ist! (frei nach Bert Brecht : Was sind das für Zeiten, wo Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist - Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!)

Helga König:  Nach welchen Kriterien sind Sie bei der Auswahl der Gartenporträts vorgegangen?

Viktoria Freifrau von dem Bussche: Es ging mir um den klassischen großen Küchengarten in der Tradition des Potager im 18./19.Jahrhundert. Ich hätte gern noch mehr Beispiele genommen, aber ich denke, ich habe die wichtigsten. Orsan und Le Riveau sind kleiner und etwas anders ausgerichtet, sie stellen aber die Verbindung zum Klostergarten und zum mittelalterlichen Küchengarten sehr schön her und Bourdaisière fällt auch etwas aus dem Rahmen, weil er auf Tomaten spezialisiert ist. Meine Auswahl war allerdings auch abhängig von dem Photomaterial, das Gary Rogers bereithielt, bzw noch in der Entstehungsphase beschaffen konnte.

Helga König:  Worauf kam es Ihnen bei der Bildauswahl im vorliegenden Buch an? 

Viktoria Freifrau von dem Bussche: Wichtig war der Bezug zum Inhalt –was meistens gelang – die Aussagekraft des Bildes, also auch der Inhalt, die „Story“ des Bildes, die Inspirationen, Assoziationen, Wünsche und Träume evozieren sollten, die Sinnlichkeit und Schönheit.

Helga König:  Können Sie den Lesern Näheres zu dem Dekret von Karl dem Großen mitteilen, wonach jede Domäne einen Garten anlegen sollte, in dem „sämtliche“ Kräuter vorhanden sein mussten. Was war der Zweck solchen Tuns?

Viktoria Freifrau von dem Bussche: Der Zweck war ganz klar die Organisation und Befestigung seines Reiches, unter dem Aspekt der Autarkie seiner „Domänen“, wie er die Außenposten seines Reiches nannte. Darüber hinaus sollte die Modernisierung der Domänen auch auf die Bevölkerung wirken und zu einer allmählichen Entwicklung der Menschen „heraus aus dem dunklen Mittelalter“ führen.


Helga König: Wodurch zeichnen sich historische Küchengärten in Frankreich aus?

 Viktoria Freifrau von dem Bussche
Viktoria Freifrau von dem Bussche: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass der Typ „potager conservatoire“ vorherrscht. Der Gestaltung der Garten geht in den meisten Fällen ein sehr detailliertes Studium der Garten- und Kulturgeschichte voraus, regionale, in Vergessenheit geratene Pflanzen werden wieder angebaut, aber auch Literatur und Kunst werden zu Rate gezogen. Es fehlt diesen Gärten jede Willkür, jeder „Schnick-Schnack“, die Gärten sind von klassischer und sinnlicher Schönheit.

Helga König: Welchen Stellenwert hat für Sie die Gartenanlage von Villandry?

Viktoria Freifrau von dem Bussche: Villandry ist ein „Potager decoratif“ und unterscheidet sich sehr von den anderen großen Küchengärten. Der Plan folgt dem französischen Renaissancegarten, der Ende des 15.Jh. aus Italien „importiert“ wurde, schon nach wenigen Jahrzehnten stark manieristische Züge annahm und den Barockgarten mit seinen rein formal-dekorativen Parterren vorbereitete. In diesen Gärten wurde die Pflanze zum „Werkstoff“, d.h. sie wurde nur nach ihrer Farbe und Wuchshöhe eingesetzt.

In Villandry wird zwar das Gemüse geerntet (wie in Begleittexten betont wird) – aber angebaut wird es unter rein dekorativen Aspekten.

Helga König:  Sie erwähnen auch die Gärten der Dichter und Denker wie Goethe, Schiller, Herder und Wieland. Wodurch zeichnet sich Goethes Garten am Frauenplan in Weimar aus und weiß man, welche Kräuter, welches Gemüse und Obst dort zu seinen Lebzeiten angepflanzt wurden?

Viktoria Freifrau von dem Bussche: Als Goethe den Garten am Frauenplan Ende des 18.Jh übernahm, war er ein klassischer Bauerngarten. Es ist überliefert, dass Goethe ihn mit seinem Hausgärtner Dietrich, dessen Studium der Botanik in Jena auf Veranlassung Goethes geschah, den Garten in ein „botanisches Forschungsfeld“ mit vielen kleinen Schaubeeten verwandelte. Nachdem Dietrich als Hofgärtner nach Eisenach wechselte und Christiane Vulpius immer mehr darauf drängte, den Garten für den Haushalt nutzen zu können, wurde er unter ihrer Leitung und bis zu ihrem Tode 1816 zu einem Nutzgarten, in dem das damals übliche Obst und Gemüse, Kohl und Kartoffeln aber auch seltenere Sorten wie z.b. Artischocken wuchsen. Es ist bekannt, das Goethe zum Beispiel neue Erdbeersorten oder auch Stachelbeersorten aus England bezog, Orangenbäume, Feigen und Pfirsiche hatte, usw – alles sehr schön nachzulesen in „Goethes Gärten in Weimar“ Edition Leipzig.


Helga König: Worin unterscheidet sich ein englischer von einem französischen Küchengarten

Viktoria Freifrau von dem Bussche: Der englische Küchengarten ist traditioneller, im Stil der großen Tradition des 19.Jahrhunderts. Die französischen Küchengarten sind, von wenigen Ausnahmen abgesehen, alles Neuschöpfungen leidenschaftlicher Besitzer oder Gärtner der vergangenen zwei/drei Jahrzehnte. Der Aspekt des „conservatoire“ ist spürbarer als im englischen Küchengarten. Das ist jetzt ein erster Eindruck von mir, den ich hier spontan äußere ohne ihn wissenschaftlich oder kulturhistorisch überprüft zu haben.

Helga König:  Welche Schwerpunkte setzen Sie in Ihrem eigenen Küchengarten auf Schloss Ippenburg, der ja der größte Garten dieser Art in Deutschland sein soll?

Viktoria Freifrau von dem Bussche: Er ist es tatsächlich. Ästhetik und Geschmack sind die beiden wichtigsten Ziele – die sinnliche Fülle des Gesamtbildes und der köstliche Geschmack des einzelnen Gemüses, der Kräuter und Früchte. Mein Küchengarten ist ein „potager culinaire“ mit dem Charme eines Bauerngartens …

Helga König: Wie man liest, ist der 3 –Sterne-Koch Thomas Bühner häufig zu Gast in Ihrem Garten. Welchen Einfluss hat er, wenn es um die Bepflanzung des Küchengartens geht?

Viktoria Freifrau von dem Bussche: Im vergangenen Jahr kam er zum ersten Mal im Mai, und von da ab zweimal die Woche. Da „musste er mit dem zufrieden sein“, was da war. Es war aber vieles „da“, weil ich obsessiv Saatgut in England, Holland, Frankreich und Deutschland bestellt hatte. Inzwischen weiß ich sehr gut, was er gern in der Küche verarbeitet, was ihn inspiriert, und habe meine Saatgutliste in diesem Jahr danach zusammengestellt. Diese „doppelte Veredlung“ – einmal die Veredlung der Gemüse durch die Schönheit und Kunst des Gartens und zum Zweiten durch die Kochkunst und die Ästhetik der Zubereitung, ist eine unglaublich schöne Erfahrung und Herausforderung zugleich.

Liebe Frau von dem Bussche, für das aufschlussreiche Interview danke ich Ihnen herzlich.
Ihre Helga König

Kostenfreies Foto vom Verlag-  Der Fotograf ist mir nicht bekannt.

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