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Helga König und Peter J. König im Gespräch mit Dr. Jürgen Dietrich, Weingutsdirektor des Staatsweinguts Meersburg

Sehr geehrter Herr Dr. Dietrich, heute haben wir drei Ihrer vorzüglich mundenden Weine auf "Buch, Kultur und Lifestyle" vorgestellt und möchten Ihnen nun einige Fragen zum Staatsweingut Meersburg und Ihren Weinen stellen.

Helga König: Zum Einstieg für unsere Leser möchten wir Sie bitten, etwas über Meersburg, das Staatsweingut und Ihre verschiedenen Lagen zu berichten.

Dr. Jürgen Dietrich
Dr. Jürgen Dietrich:  Das kleine Städtchen Meersburg ist mit seiner vollständig erhaltenen mittelalterlichen und barocken Bausubstanz ein wahres Schmuckstück. Nimmt man noch die wunderschöne Lage am Bodensee und die herrliche Aussicht auf die Alpen hinzu, kommt man eigentlich nicht um einen Besuch herum. Das Staatsweingut Meersburg prägt mit seinen Gebäuden, aber auch mit den Weinbergen, die die Stadt unmittelbar umgeben, wesentlich die Kulisse der Stadt. Einst im Besitz der Fürstbischöfe zu Konstanz wurde das Weingut im Zuge der Säkularisation 1803 „Großherzoglich Badische Domänenkellerei“, dann 1918 „Staatliche Weinbaudomäne“ und nach dem zweiten Weltkrieg schließlich Staatsweingut. Da die Kirche seinerzeit das größte weinbauliche Knowhow hatte, verfügte sie bald über die besten Lagen der Region. Von diesem Wissen der Vorväter profitieren wir noch heute. Die althergebrachte Vielzahl an Einzellagen in Meersburg wird von uns konsequent und liebevoll gepflegt. Jede Lage hat ihre spezielle Charakteristik und ihre eigene Geschichte.

Peter J. König:  Seit wann wird in Ihrer Region Wein angebaut?

Dr. Jürgen Dietrich:  Die Anfänge des Weinbaus in unserer Region sind sicher den Römern zuzuschreiben. Große wirtschaftliche Bedeutung erlangte er aber erst durch die Arbeit der Mönche im Zuge der Christianisierung. Urkundlich nachweisbar ist der Weinbau in Meersburg seit dem Jahr 1324.

Helga König: Inwieweit hat der Bodensee eine Auswirkung auf das Gedeihen der Reben und wird das Klima dadurch entscheidend verändert? 

 Staatsweingut Meersburg
Dr. Jürgen Dietrich:  Unsere Weinbauregion ist nicht nur die südlichste, sondern auch die am höchsten gelegene in Deutschland. Die ausgleichende und wärmespeichernde Wirkung des Bodensees, zusammen mit der Teilreflektion der Sonneneinstrahlung über die Wasseroberfläche in die Weinberge ermöglichen hier das Gedeihen der Reben. Ohne den Bodensee gäbe es in unserer Region keinen Weinbau. Er sorgt hier für ein gemäßigtes, fast mediterranes Klima.

Peter J. König: Durch welche Besonderheit zeichnet sich Ihr Terroir aus? 

Dr. Jürgen Dietrich:  Die Böden rund um den See und im Hochrheintal sind eiszeitlichen Ursprungs. Auf einem weichen Sandsteinfels, der sog. Süßwassermolasse, liegen mehrere Schichten Moränenschotter. Dieser Bodentyp ist einmalig im Deutschen Weinbau. Am Hohentwiel gedeihen die Reben unmittelbar auf Phonolith-Gestein. Auch dieses Terroir findet sich selten in Deutschen Weinregionen.

Helga  König: Weshalb haben Sie bei den Weinen aus Ihrem Staatsweingut einen so hohen Anteil an Spätburgunder? 

Dr. Jürgen Dietrich:  Das hängt zum einen mit der Tradition zusammen. Der Bodensee ist das älteste Burgunder- Anbaugebiet Deutschlands. Zum anderen ermöglichen unsere Weinbergslagen eine gute Ausreifung der wärmeliebenden und anspruchsvollen Spätburgunderreben. Der Spätburgunder wird von uns übrigens von alters her überwiegend zu Weißherbst verarbeitet.

Peter J. König: Können Sie unseren Lesern Näheres zu den drei Qualitätsstufen Ihrer Weine berichten? 

Dr.  Jürgen Dietrich:  Wir haben uns im Jahr 2003 vom Prädikatssystem weitgehend verabschiedet und teilen unsere Weine nach ihrer Herkunft ein in Gutsweine, Lagenweine und Premiumweine. Gutsweine stammen aus den normalen Lagen unseres Gutes. Sie versprechen unkomplizierten Genuss für alle Tage. Unsere Lagenweine stammen aus den besseren, steilen Rebhängen. Sie tragen den Namen des Weinbergs auf dem Etikett. Die Erträge werden von uns streng limitiert. Unsere Premiumweine schließlich stammen aus den allerbesten Weinbergen einer Lage. Die Reben dort werden noch stärker im Ertrag zurückgenommen. Die Weine sind für besondere Anlässe gedacht. Sie sind konzentriert in Geschmack und Bukett und dabei dennoch feingliedrig und subtil im Ausdruck. 

Helga König: Wie wir lesen konnten, verfügen Ihre Weinberge über ein überdurchschnittliches Gefälle. Wie muss man sich die Arbeit im Weinberg vorstellen? 

Dr. Jürgen Dietrich:  Der größte Teil unsere Weinberge ist sehr steil und z.B. für die maschinelle Ernte nicht geeignet. Deshalb sind viele Arbeitsgänge heute wie vor Jahrhunderten noch von Hand zu verrichten. Die Arbeit im Steilhang ist beschwerlich, manchmal sogar gefährlich. 

Peter J. König: Was wird alles von Seiten des Staatsweingutes unternommen, um sowohl regional als auch überregional bekannt zu sein? 

Dr. Jürgen Dietrich: Wir legen nicht unsere Hände in den Schoß und warten, bis uns der Touristenstrom erreicht, sondern wir gehen auf unsere Kunden zu, indem wir z. B. an vielen Weinmessen im ganzen Bundesgebiet ausstellen. Außerdem nehmen wir sehr erfolgreich an regionalen, nationalen und internationalen Weinwettbewerben teil.

Helga König: Neben Spätburgunderrotweinen scheint Ihr Müller-Thurgau ebenfalls ein Renner zu sein. Bitte erklären Sie doch einmal, weshalb?

Dr. Jürgen Dietrich:  In unserem speziellen Terroir und unter unseren klimatischen Voraussetzungen werden die Müller-Thurgau-Weine sehr Riesling ähnlich.Sie bestechen durch eine feine Frucht und unglaubliche Eleganz. Das macht sie unverwechselbar und einzigartig. 

Peter J. König: Einen Ihrer Rotweine- „Cuvée Annette- haben Sie der Dichterin Annette von Droste - Hülshoff gewidmet. Können Sie bitte etwas zu diesem Cuvée und auch zu der Beziehung der Dichterin zu Ihrem Staatsweingut berichten? 

Dr. Jürgen Dietrich:  Annette von Droste-Hülshoff lebte und wirkte fast ein Jahrzehnt bis zu ihrem Tod in Meersburg. Sie besaß seinerzeit das sog. „Fürstenhäuschen“ inmitten unserer Reben. Dort holte sie sich bei einem Blick weit über die Stadt und den See hinaus Inspiration für Ihre Gedichte und Kompositionen. Die Droste besaß selbst auch Weinberge. So lag es nahe, ihr einen besonderen Wein zu widmen, der sich vor allem als Begleiter zur Lektüre eines guten Buches eignet – nicht zu schwer und zu fordernd, aber auch nicht zu leicht oder gar belanglos. Ein literarischer, kein belletristischer Tropfen sollte es sein. Ich glaube, diesem Anspruch wird die Cuvée gut gerecht. 

Lieber Herr Dr. Dietrich, herzlichen Dank für das aufschlussreiche Interview.
Helga König,  Peter J. König

Die Fotos von Dr. Jürgen  Dietrich und dem Staatsweingut  wurden vom Staatsweingut Meersburg zur Verfügung gestellt.

Hier der Link zum Staatsweingut Meersburg. Dort können Sie die Weine bestellen: www.staatsweingut-meersburg.de

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