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Helga König im Gespräch mit Ingo Holland, Gewürzmüller und Autor wunderbarer kulinarisch verlockender Bücher

Lieber Ingo Holland dieser Tage habe ich auf  "Buch, Kultur und Lifestyle" drei Ihrer Gewürzkisten vorgestellt und davor  Ihr Buch " Salz" rezensiert.  Nun möchte ich einige Fragen an Sie richten.

Helga König: Sie haben in den 1970er Jahren eine Koch-Lehre im renommierten Frankfurter Hof absolviert und in Ihrem Beruf in den besten Häusern gearbeitet und schließlich in den 1990er Jahren in Klingenberg/Main für Ihr eigenes Restaurant einen Michelin-Stern erhalten. Demnach wurden Sie also Ihr ganzes Berufsleben von Gewürzen begleitet. Was gab den Ausschlag für die Gründung des "Alten Gewürzamtes?"

 Ingo Holland
Ingo Holland: Wie Sie schon in den Sätzen zuvor richtig bemerkten, hatte mein ganzes berufliches Leben als Koch logischerweise mit Gewürzen zu tun. Die allgemeine Qualität zu dieser Zeit war weit entfernt davon, was man heute ganz einfach erwerben kann. Auf einer meiner Trips nach Paris, wurde ich auf einen wundervollen kleinen, sehr sinnlichen Laden am Rande des Pariser Marais aufmerksam gemacht. Die "Epiceriè du Monde le Izrael", hatte mich binnen Minuten in Ihren Bann gezogen. Dort fand ich, was ich noch nie vorher gesehen hatte. Gewürze aus aller Welt, die mir bis dahin alle unbekannt waren. Tahitivanille, Piment de Espelette, Kubebenpfeffer, Vadouvan und, und, und. Nachdem ich dort viele Gewürze eingekauft hatte, experimentierte ich intensiv zuhause damit. Etwa 1993 begann ich meine erste Gewürzmischung zu entwickeln. Das Ergebnis war, zwar nach einigen Misserfolgen, aber dann doch irgendwann sehr erfolgreich. So erfolgreich, dass wir bald an unsere Gäste in Gläsern unsere Gewürze verkauften. Der Platz in den Restauranträumen wurde irgendwann so knapp, dass wir uns entschieden, unsere Gewürze in einem eigens dafür angemieteten Lädchen anzubieten. Am 1.10.2001 schlug die Geburtsstunde des "Colonialwarenhandels Altes Gewürzamt" . Irgendwann wurde daraus das "Alte Gewürzamt". Der Einfachheit halber. 

Helga König: Wie kam es zu dem Namen "Alten Gewürzamtes" und womit befassen Sie sich in Ihrer Firma konkret?

Ingo Holland:  Der Name "Altes Gewürzamt" ist einfach nur hinweisgebend. Denn der Name sollte darauf hinweisen, dass er zu unserem damaligen Restaurant "Altes Rentamt" gehört. Ein Gewürzamt, ob neu oder alt, gab es zuvor nie in Klingenberg. Das Gewürzamt beschäftigt sich damit, aus reinen und unverfälschten Gewürzen und nur daraus, Gewürzmischungen zu erdenken, entwickeln, zu mischen und zu mahlen. Desweiteren diese zu vertreiben und zu handeln. Außerdem bieten wir unseren Kunden, also Endverbrauchern, Grossverbrauchern wie zum Beispiel Caterer und Kantinen, Gastronomen jeglichen Anspruchs, vom Landgasthof bis zum 3 Sterne-Restaurant und Einzelhändlern unsere Gewürze an. Darüber hinaus stellen wir Chutney, Essige, Würzpasten usw. her. Dies handeln wir direkt an die Händler, zum Beispiel über die Firma Bos Food, über einen Laden in der Klingenberger Altstadt und einen Webshop. Unsere Produkte erhält man in Deutschland, Schweiz, Österreich und wenig in Frankreich.

Helga König:  Sie haben u.a. ein Buch über "Salz" geschrieben. Weshalb ist es wichtig, sich mit Salzsorten gut auszukennen, wenn man raffiniert kochen möchte?

 Gewürzkiste Curry
Ingo Holland:  Salz hat den schlechten Ruf, den es allgemein hat auf keinen Fall verdient. Es ist lebenswichtig, denn jeglicher Organismus braucht es in einer Form. Wichtig ist allerdings die Menge und vor allem die Qualität des verwendeten Salzes. Jedoch würde der Platz in diesen Zeilen bei Weitem nicht ausreichen, dies hier hinreichend zu erklären. Salz ist ein wunderbarer ganz legaler, auch in geringer Menge sehr effektiver Geschmacksintensivator, nennen wir es einmal so. Er schafft es,  die Eigenaromen des gesalzenen Produktes länger und intensiver im Mund zu binden und zu intensivieren. Einfach zu Hause auszuprobieren an zwei kleinen Mengen Kartoffeln, die man eine mit sowie eine ohne Salz kocht. Danach schmeckt man länger und intensiver, was das Grundprodukt zu bieten hat. Raffinierte Salze geben in leicht erhöhter Konzentration einen unangenehmen Geschmack. Deswegen empfehlen wir vom "Alten Gewürzamt" auf unraffinierten Meer- oder Steinsalzen zu greifen. 

Helga König:  Können Sie uns Ihre Firmenphilosophie kurz schildern?

Ingo Holland:  Unsere Philosophie im "Alten Gewürzamt" ist es, aus allerbesten Zutaten, wie Gewürze, Kräuter, Natursalze, Rohrzucker usw.,  die stets analysiert und untersucht sind, Gewürzmischungen und Zubereitungen herzustellen und zu mischen. Darüber hinaus verwenden wir niemals Additive wie zum Beispiel Aromazusätze, Farbstoffe, Maltodextrine, Rieselhilfen, Hefeextrakte, Glutamat oder andere geschmacksverstäkende Zutaten. Unsere Geschmacksverstärker sind unsere Gewürze. Sie sind wohlschmeckend, sauber und intensiv. 

Helga König: Woher beziehen Sie Ihre Gewürze für die Gewürzmischungen?

Ingo Holland: Wir beziehen unsere Grundprodukte zu etwa 85 % aus Deutschland, den Rest aus Frankreich. Von Eigenimporten aus den Entstehungsländern sehen wir ab, denn die Kosten für Analysen, Transporte und den Einkauf selbst sind bei unserer Größenordnung zu hoch und lassen sich deshalb kaum in unser Preisgefüge einbinden.

Helga König: Wodurch zeichnen sich qualitativ hochwertige Gewürze aus?

 Gewürzkiste Gewürzmischungen 
Ingo Holland: Als erstes und wichtigstes Argument zählt natürlich der Geschmack, der Grund, warum man ein Gewürz überhaupt einkauft und verwendet. Bei gemahlenen Gewürzen zählt natürlich auch-  ganz wichtig -  der Duft, was bei ganzen Gewürzen, wie allem voran Pfeffer, Zimtblüten usw. oft schwierig ist. Denn das ganze Gewürz trägt seine ätherischen Öle und Düfte tief in sich. Erst beim Stoßen oder Mahlen, ändert sich dies. Ein qualitativ hervorragendes Gewürz kann nie billig sein. Was wiederum nicht bedeutet, dass ein teures Gewürz nicht schlecht sein kann. Gewürzeinkauf ist Vertrauenssache. Ich schaue mir orientalische Märkte sehr gerne an, aber kaufe dort nicht ein. 

Helga König: Haben Sie Inder zu Rate gezogen als Sie Ihre Curry-Mischungen kreiert haben oder wovon haben Sie sich inspirieren lassen?

 Gewürzkister Pfeffer
Ingo Holland:  Nein, habe ich nicht. Die Inspirationen sind hier im Betrieb entstanden bzw. damals in meinem Restaurant. Ich bin keiner, der gerne abkupfert, sondern der seine Visionen und Ideen selbst umsetzt. Mit allen Fehlern, Unglücken und erfreulichen Ergebnissen, die daraus resultieren. Alle Gewürzmischungen die wir handeln, bis auf Vadouvan, das wir aus herstellungsbedingten Gründen zukaufen, ist jedes Gewürz von mir erdacht und entwickelt. Natürlich immer durch die Unterstützung meiner Mitarbeiter.

Helga König: Muss man große Vorkenntnisse besitzen, um Ihre Gewürze perfekt beim Kochen einzusetzen?

Ingo Holland:  Ich denke, wichtig ist, dass man gerne kocht, aber noch lieber genießt. Etwas anfängliche Zurückhaltung beim Dosieren noch unbekannter Aromen und Gewürze hat noch keinem Koch geschadet. Egal ob Profi oder Amateur. Die Stars des Menüs sind stets die Produkte, die Gewürze sind die Komparsen. Sie sind ebenso wichtig wie die Produkte, aber sie stehen eben nicht im Mittelpunkt. 

Helga König: Sie betreiben u.a. eine Kochschule, die 2013 zur besten Kochschule des Jahres gekürt wurde. Mit welchen Erwartungshaltungen kommen die Schüler zu Ihnen und was können sie in einem Kurs bei Ihnen lernen? 

Ingo Holland:  Die Teilnehmer bei unseren Kursen kommen manchmal mit Erwartungen, wie Beispielsweise mit vielen Rezepten nach Hause zu gehen. Das halte ich nicht für wichtig, ebenso das "etwas schnippeln und schneiden". Ich möchte, dass die Teilnehmer nach Hause gehen und etwas gelernt haben. Wir zeigen den kompletten Aufbau vieler Gerichte, Vorbereitung, Zubereitung von Saucen, Gerichten usw., mit denen der Teilnehmer anschließend selbst kreativ arbeiten kann. Ich möchte nicht, dass die Teilnehmer nur das Nachkochen, was sie gesehen und verkostet haben, sondern dass sie auch Mut und eigene Kreativität entwickeln. 

Helga König: Können Sie unseren Lesern ein wenig mehr zu Ihren Gewürzkisten berichten? 

Ingo Holland:  Die Gewürzkisten sind wunderschöne Präsente um Hobbyköche zu überraschen und Neulinge neugierig zu machen. Sie sind themengebunden aufgearbeitet, so dass der Beschenkte nicht zu grosse Gewürzmengen zum Testen hat. Als Gewürznachschub sind sie meines Erachtens nach nicht geeignet. Die Holzkistchen werden in einer regionalen Behinderten Werkstatt hergestellt und sind ganzjährig verfügbar. Für Kundengeschenke können auch spezielle Ausstattungen konfektioniert werden.

Lieber Ingo Holland, ich danke Ihnen für das erhellende Interview.
Ihre  Helga König

Hier die Website von Ingo Holland "Altes Gewürzamt": http://www.ingo-holland.de/index.php?Main=Home

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