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Helga König in Gespräch mit Prof. Dr. Gunter Dueck, Autor des Textes "Verständigung im Turm zu Babel: Über Multi-Channel-Kommunikation und proaktives Zuhören (Keynotes)"

Lieber Herr Prof. Dr. Dueck, dieser Tage habe ich Ihren Text "Verständigung im Turm zu Babel: Über Multi-Channel-Kommunikation und proaktives Zuhören (Keynotes)" rezensiert. Dazu möchte ich Ihnen heute einige Fragen stellen.

Helga König: Es gab eine Zeit, da gingen Linguisten primär davon aus, dass Kommunikationsprobleme hauptsächlich das Ergebnis unterschiedlicher schichtenspezifischer Sprachcodes (restringiert/elaboriert) darstellen. Offensichtlich aber scheinen weitere Kriterien dazu beizutragen, dass Informationen, die ein Sender weitergibt, anders als gewollt beim Empfänger ankommen. Was hat Sie konkret veranlasst, sich intensiver mit diesem Phänomen zu befassen und in diesem Zusammenhang das Kommunikationsmodell von Friedemann Schulz von Thun zu erweitern? 

 Prof. Dr. Gunter Dueck
Foto: Claus Dick
Prof. Dr. Gunter Dueck:  Es gibt nicht nur Sprachcodes, sondern auch andere Empfindungen, physiologische Zustände, Charaktergefängnisse, Prioritäten, Empfindlichkeiten ("darauf springt er an") bis hin zu Neurosen. Dazu gibt es Kulturunterschiede, unterschiedliche Expertenlevel und und und. Man hat dann nicht nur vier Ohren wie im Modell von Schulz von Thun, sondern eher 100. Viele Dinge werden einfach von verschiedenen Menschen komplett anders verstanden! Beispiel: Neulich wurde eine junge männliche Giraffe im Zoo wegen Inzuchtgefahr (also aus sachlich "zwingenden" Gründen) getötet, dann im Gehege vor Zoobesuchern in Fleischteile zerlegt und frisch blutend lecker den Löwen vor den Augen der Zoobesucher zum Fraße spendiert. Die Kopfmenschen finden das "natürlich": Löwen fressen ja Giraffen auch in der freien Natur. Herzmenschen finden es widerlich und empören sich - sie mussten es sogar mit ansehen und hatten vorher schon Unterschriften gesammelt, um die Giraffe zu retten. Kopfmenschen entgegnen höhnisch, die Herzmenschen äßen doch zu Mittag ein Kotelett! Erklärung: Kopfmenschen leben nach allgemeinen Regeln und Gesetzen (in diesem Sinne ist alles in Ordnung mit der Giraffe), Herzmenschen beurteilen den Einzelfall, die Giraffe ist für sie ein anderer Einzelfall als das Kotelett, an dem das Herz NICHT hängt. Kopfmenschen kennen ihr Herz nicht. Deshalb kann man das nicht mit ihnen ausdiskutieren. Herzmenschen wollen brutale allgemeinen Gesetze nicht, die keine Barmherzigkeit im Einzelfall vorsehen. HIER GIBT ES KEINE KOMMUNIKATION, man kann aber Rücksicht nehmen und die Giraffe heimlich töten, das Fell abziehen und das Fleisch wie jeden Tag hinlegen. Man kann die Giraffe an andere Zoos verkaufen oder verschenken. Man kann bei den Herzmenschen Geld sammeln, dass ihr Transport in irgendeinen Zoo bezahlt werden kann... Mich hat es allgemein interessiert, in wie vielfältiger Weise absolut verschiedene Welten aufeinanderprallen und Kommunikationsfronten bilden: Introvertierte und Extrovertierte, Langfristige und Kurzfristige, Nervöse und Ruhige etc. Man kann da nur kommunizieren, wenn man alle diese "Kanäle", Eigenheiten oder Menschenzustände kennt! 

Helga König: Noch zu Ende des vergangenen Jahrhunderts konnte man die meisten Diplombetriebswirte, Juristen und Techniker etc. mit psychologischem oder auch linguistischem Wissen selten hinter dem Ofen hervorlocken. Damit aber in Betrieben kreative Gedanken fließen können, gilt es die entsprechende Ignoranz zu beheben. Wer könnte diesbezüglich Überzeugungsarbeit leisten und wie könnte diese ausschauen? 

Prof. Dr. Gunter Dueck:  Die von Ihnen genannten Gruppen (Tech, Jura, BWL) verstehen sich untereinander auch nicht sooo gut, weil sie in anderen fachlichen Welten denken. Die Kommunikation unter ihnen ist sehr schwierig. Betriebswirte sind zum Beispiel mehr wie Herdenwesen, die alle Probleme mit Meetings oder Calls lösen - immer mit "lass uns mal zusammensitzen". Techies lösen Probleme höchstselbst! Das ist schon schwierig genug. Aber: Alle diese Gruppen sind reine Kopfmenschen - keine Herzleute, sie sind sich also zum Beispiel auf diesem Kanal einig. Psychologen aber sind eher Herzmenschen, Linguisten als Wissenschaftler eher Kopfmenschen (ich habe mal für alle solche Gruppen Tests gemacht und kann alles statistisch evident machen). Psychologie wird vom Kopfmenschen innerlich abgelehnt, sie würden allenfalls Tipps und Tricks zum Kampf gut finden - wie kann ich Menschen beeinflussen? Zu Überstunden überreden? Manipulieren? Ihnen etwas verkaufen? Meine Antwort auf Ihre Frage: Die Überzeugungsarbeit wäre titanisch schwierig - wie bei der jungen Giraffe. 

Helga König: Gestern unterhielt ich mich mit einer Bekannten ausgiebig über Ihren Text  "Verständigung im Turm zu Babel". Die Pferdeliebhaberin berichtete mir in diesem Zusammenhang, dass Sie am Wochenende zufällig einen Lehrgang in Pferdepsychologie absolviert hatte und dabei sei es genau um das Phänomen „ethnoszentrisches Verhalten“ gegangen. Auch zwischen Pferd und Mensch funktioniere die Kommunikation nicht, wenn der eine extra- und der andere introvertiert und der Mensch sich dessen nicht bewusst sei und nur nach seinen Mustern reagiere. Wenn also demnach Tierpsychologen schon seit längerer Zeit sich mit dem Thema befassen und seitens ihres Klientel großen Zulauf haben, wieso nimmt man sich in entsprechenden Schulungen in Firmen dieses Themas nicht verstärkt an oder wird diesbezüglich bereits mehr getan als allgemein in den Medien nachzulesen ist? 

Prof. Dr. Gunter Dueck:  Pferde und Hunde sind vielleicht besser verstanden als Menschen. Man liebt sie als Einzelwesen, also als Herzmensch. Sie werden wohl auch eher von Herzmenschen gehalten und wertgehalten. Nur der Hundetrainer versucht es mit Einheitlichkeit in der disziplinierten Haltung. Da kommt wieder der Kopf dazu...ich will jetzt gar nicht so viel zu Kopf und Herz sagen, das lag jetzt in Ihren Fragen. Ich kann es auch mit Extro- und Introvertierten erklären. Die Extros begrüßen sich stürmisch und laut, sie telefonieren - die Intros nicken knapp zum Gruß und schreiben mehr Mails. Extros WOLLEN immer erreichbar sein, weil sie vielleicht etwas verpassen. Intros wollen in Ruhe gelassen werden und geraten bei ständiger Erreichbarkeit unter Stress. Da also haben wir heute die Front der Leute, die mit dem Smartphone in Symbiose leben und denen, die es meist abschalten. Die öffentliche Diskussion zeigt, dass man diese verschiedenen Kommunikationsebenen ÜBERHAUPT NICHT auseinanderhält. 

Bei Tieren wird man sich eher hineinfühlen wollen, denke ich. Man akzeptiert das Tier, wie es ist. Bei Menschen nicht! Die menschliche Kommunikation beginnt fast immer mit "view it my way" Rangelei. Autisten, die ja ganz anders sind (nämlich seeeehr introvertiert) scheitern eigentlich an der Extroversion der Umwelt. Mit Pferden oder Delphinen kommen sie klar. Schande über uns! Wir Menschen legen am besten einheitlich fest, wie zu kommunizieren ist - basta! Das müsste alles in Schulungen relativiert werden... Titanenarbeit! Psychologie ist überall auf Limbolevel. 

Helga König: Wie kann im Internet auf vielen Kanälen gesendet werden und sich ein Sender so artikulieren, dass der Empfänger sich nicht auf die Füße getreten fühlt? 

Prof. Dr. Gunter Dueck:  Im Internet kommuniziere ich im Prinzip mit allen, na gut, nur mit denen, die auf meine Messages stoßen. Das ist eine ganz andere Herausforderung. Ich halte oft Reden für Controller, Steuerberater, Techies, Manager oder Kirchen. Das sind ganz verschiedene "Menschenarten", wie ich schon sagte. Ich versuche, mit der jeweiligen Spezies zu sprechen. Danach werden meine Reden oft auf Youtube geladen und "von allen" angesehen. Da bekommen es viele in ihren falschen Hals, für den es ja nicht gedacht war. Was den einen (denken Sie an die Giraffe) aus der Seele spricht, geht den anderen nicht in den Kopf. Man kann aber kommunikativ Brücken schlagen und per Metakommunikation versuchen, die Standpunkte beide zu respektieren und vielleicht zu versöhnen: "Komm, diese Giraffe ist jetzt durch die Petitionen eine berechtigte (!) Ausnahme." Ich weiß ja, dass meine Reden praktisch öffentlich sind. Ich bemühe mich also, zu denen zu sprechen, die da sind, und dabei nicht die Abwesenden zu verletzen.

Helga König: Sehen Sie in Facebook eine gute Möglichkeit "Internet-Smalltalk" einzuüben?

Prof. Dr. Gunter Dueck:  Facebook ist lieb, ich meine, eher eine Plattform für Herzmenschen. Google+ versammelt mehr die Kopfleute. Bei Facebook verteilt man per Like Wertschätzung, bei Google+ hagelt es oft harsche Kritik. Wer etwas lernen will, sollte in beiden oder allen Welten "üben", am besten in der vom eigenen Selbst weiter entfernten? Ich selbst bin da zeitlich nicht lange - ich scanne auf Inspirationen. Und Andersgedanken als Antworten an mich. 

Helga König: Twitter lässt nur Botschaften in Sentenz-Länge zu. Wie kann hier auf mehreren Kanälen gesendet werden? 

Prof Dr. Gunter Dueck:  Schwierig. Die Kopfmenschen verteilen Infos, die Herzmenschen empören sich sehr oft. Lustmenschen schnappen Sensationen auf... Bei 140 Zeichen ist es schwer, "alles" unterzubringen. Vielleicht sollte man sich bemühen, dabeizuschreiben, was man ausdrücken will, also gleich dazu, ob #info oder #aufschrei. Ich schreibe oft etwas Ironisches, das soll man gar nicht tun. Tabu! Ach, ich mache das. Ich finde die Belehrungsantworten so neckisch, wenn es Leute falsch verstanden haben.

Helga König: Wenn in großen Firmen zumeist nur noch Meetings und Präsentationen gemanagt werden, gilt es offenbar den Hebel umzulegen, um dem kreativen Fluss mehr Raum zu geben. Wie könnte dies konkret ausschauen?

Prof. Dr. Gunter Dueck:  Gar keinen Hebel! Bitte nicht einmal versuchen! Heute gibt es unsägliche Kreativmeetings, die beginnen am Morgen mit einem Statusbericht über die Finanzzahlen - ohne diesen scheinen Meetings verboten zu sein. Dabei beugen sich alle über die Zahlen und unter die Knute, weil die Zahlen nicht gut sind. Man steht wieder einmal vor großen Herausforderungen. Wo sind die Wege zur Zukunft? DANN wird der Hebel umgelegt. Nach dem Mittagessen werden Kreativ-Breakout-Sessions durchgeführt. Physiologisch ist man am Morgen unter Stress gesetzt worden. Die schlechten Zahlen bedrohen Bonus und Karriere. Beim Mittag essen die Sorgen mit. Und jetzt? Spot an! Kreativität! Das wird eine gequälte Kreativität des gerade Versagenden. Sie sucht schnelle Auswege und Abkürzungen, auch unerlaubte. Er darf nicht verlieren. Hierin liegt die erste Katastrophe. Die zweite entsteht aus der Gruppeneinteilung. Die Gruppen sind oft ausgelost oder manipulativ zusammengesetzt. Meist ist es so, dass in JEDER Gruppe die Hälfte Bedenkenträger sind. Also kommt aus KEINER Gruppe etwas anderes heraus als "Kunden öfter besuchen", "Taskforces gründen" oder "den Markt studieren". Die dritte Katastrophe: Die Mehrheit, wie immer sie ist, ist NICHT kreativ, weil die meisten sich mit so etwas nicht befassen. Gibt es Konzerne, bei denen man in Breakouts die Punkte brainstormt, die der Betriebsarzt bei der Wellnessuntersuchung durchführen soll? Da würde man doch Fachleute fragen, oder? Ärzte zum Beispiel? Und wenn es um Kreativität gibt, dann doch Kreative? Reine Lehre: Alle besinnen sich auf ein Problem oder eine Aufgabenstellung, dann stop! Die Kopfkreativen bekommen ein paar Wochen Zeit für Ideen zur Problemstellung. Die übergibt man Herzmenschen mit einem Gefühl für Sinnvolles, die stylen die Ideen sinnvoll um. Dann gibt man sie Tatmenschen mit der Frage, ob es Freude macht, es umzusetzen. Die stylen es nochmals um. Und schließlich kommen die, die die Regeln und Prozesse machen. Die gießen es in Ordnungen - und alle anderen stehen dabei, damit sie das Neue nicht so sehr abschleifen, dass es wieder wie früher aussieht. Wenn alle gut mitarbeiten, sieht es der Anfangsidee noch ähnlich, ist aber auch sinnvoll, macht Freude und lohnt sich.

Helga König:  Oft kommuniziert man im Erwerbsleben heutzutage fast nur noch im Internet, kennt seine Kunden nicht persönlich. Was tun, wenn man mit einem hochneurotischen Machtmenschen zu tun hat, welche Strategien empfehlen beim Senden? 

Prof. Dr. Gunter Dueck:  Zunächst geht es nur einmal um gute Kommunikation. Man kann die Kommunikation auch missbrauchen oder damit andere nerven - Neurotiker bringen uns zur Weißglut, nicht nur Machtmenschen - auch Pingelige, Zurückschicker, Besserwisser, Unfähige etc. Auch gute und beste Kommunikation ist keine Siegeswaffe gegen alle Plagen. Sie hilft, besser klarzukommen. Sie werden also gegen Machtmenschen nicht mehr so hoch verlieren, aber nicht etwa gleich gewinnen. Normale Machtmenschen respektieren und schätzen Leute, die ihnen couragiert und mutig entgegentreten - so wie ein Fachexperte bei einem Wissenden denkt: Wow, der hat Ahnung. Machtmenschen schauen eben auf Körperhaltung und Tapferkeit. Sie testen "den Gegner" oft durch eine toughe Gesprächseröffnung, etwa: "Na, schon wieder so eine fade Präsentation, soll ich mir das echt anhören?" Mich hat einmal ein gaaanz hoher IBM-Exec angehauen: "Aus Ihrem Bereich kommt aber nichts raus, oder?" Ich: "Euer Ehren, ich bitte um ein vierstündiges Einzelgespräch mit Ihnen." Er - zieht die Augenbrauen hoch - lächelt: "Vier Stunden??" Ich: "So uninformiert wie Sie sind, braucht's halt so lange." Er legt mir die Hand auf die Schulter: "Ist schon gut..." Lächelt und schießt den nächsten Manager neben mir an: "Bei Ihnen ist die Lage schlecht, oder?" Der andere fängt an zu zittern, stottert, fragt, warum der Boss es so schrecklich meint, da könne etwas nicht stimmen... In diesem Sinne! Wenn Sie kneifen, haben Sie wirklich verloren. Hochneurotische Machtmenschen? Ich habe bei Raymond Fein im Exec-Training gelernt, dass man auf den ersten Kommunikationsscharfschuss mit Uuuuihjuuijuuih antworten soll - so wie "stimmt bei Ihnen alles noch"? Das hilft. Machtmenschen sind dann etwas überrascht und verlieren die meiste Aggression. "Das machen Sie heute Nacht!" - "Uuuuihjuuijuuih..." - "Was ist - wollen Sie nicht arbeiten?" - "Euer Ehren, es ist 20 Uhr." - "Wollen sie etwa ablehnen?" - usw. Sie müssen schon gegenhalten. Natürlich arbeiten sie dann noch bis Mitternacht, Sie verlieren also in der Sache. Aber wenn Sie immer gut gegenhalten, gewinnen Sie nach und nach Respekt und werden nicht mehr so aggressiv angegangen. Ganz Hochneurotische haben immer Angst, dass es eine Revolution gegen sie gibt. Sie testen stets, ob Sie auch loyal gegen sie sind. Sie sollten dann erst Loyalität zeigen und dann Respekt gewinnen, so herum. Wenn Sie bei Machtgierigen zu viel Respekt bekommen, werden Sie ja potentieller Nebenherrscher...

Helga König:  Proaktives Zuhören bedingt eine Menge Sensibilität, Ausgeglichenheit und Aufmerksamkeit. Sind Yoga-Kurse in Betrieben angesagt, um die Gelassenheit zu erreichen, die für proaktives Zuhören notwendig sind? 

Prof Dr. Gunter Dueck:  Man braucht ja nicht immer oder nur Gelassenheit. Hohes echtes Interesse ist doch auch gut? Oder einfach eine Stunde beim anderen mithelfen - dann hört man tätig zu? Bei den Machtmenschen muss man wohl kämpfend zuhören? Die Yogafrage ist irgendwie nicht richtig gestellt - oder: Sie sagt jetzt sehr viel über die Fragende, wenn ich genau hinhöre. Und dann: Es gibt eben die vielen verschiedenen Menschen, die jeder für sich anders hören, sehen und tun. Dann gibt es kaum etwas Generelles, was allen hilft - ich meine: Yoga hilft, aber nicht allen, vielleicht nicht einmal vielen.

Helga König:  Soweit ich Ihren Text beurteilen kann, geht es Ihnen darum, dass wir alle mit mehr Achtsamkeit Situationen meistern, besser und konkreter auf vielen Kanälen senden und intensiver zuhören, demnach das Zweit-Berufsziel Kommunikator anstreben sollen, um erfolgreich den Erst-Beruf ausüben zu können. Was bedeutet dieser Ansatz für Schulen und Universitäten? 

Prof. Dr. Gunter Dueck:  Es geht nicht nur um Kommunikation an sich, sondern auch um ein reiches zu erwerbendes Fachwissen um die Präferenzen, Denkweisen, Weltsichten und Prioritäten vieler anderer Menschengruppen. Ich habe ja Beispiele genannt. Damit tun sich alle Lehrpläne aus mindestens zwei Gründen schwer. Erstens: Wir mögen es nicht, uns in alle möglichen Weltsichten auf Eines hineinzudenken, weil wir an der Vorstellung kleben, es gäbe eine "richtige" Weltsicht, nach der wir begierig "wissenschaftlich" suchen und die dann im Lehrplan steht. Zweitens: Unsere Bildungsanstrengungen kommen meist nur an einen Punkt zu erklären, warum irgendetwas oder speziell hier die Kommunikation sehr wichtig ist. Die Schule erklärt ja auch, dass Dichten und Kunst wichtig sind, sie trainieren es aber kaum. In Vielem wird man bloß aufgeklärt, aber nicht trainiert. Es gibt Bereiche, in denen das Training das Wichtigere ist, zum Beispiel bei der Kommunikation. Es wäre also noch nicht viel gewonnen, wenn man das Problem nur bewusst machen würde - und schon das traue ich den heutigen Institutionen kaum zu. Sehen Sie: wir wissen alle, dass es wichtig ist, gesund zu leben und ein guter Mensch zu sein... Kommunikation muss man bei der Erziehung eher nur wirklich trainieren. Wer kann das? Wir brauchen ein paar Generationen für das Verbreitern der Grundlagen, fürchte ich.

Lieber Herr Prof. Dr. Dueck, besten Dank für das aufschlussreiche Interview.
Ihre Helga König

Das Foto von Prof. Dr. Gunter Dueck wurde von  Claus Dick realisiert.

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