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Helga König im Gespräch mit Stéphane Etrillard über sein Buch "Mit Diplomatie zum Ziel: Wie gute Beziehungen Ihr Leben leichter machen"

Lieber Stéphane Etrillard vor einigen Tagen habe ich auf "Buch, Kultur und Lifestyle" Ihre vielbeachtetes Buch "Mit Diplomatie zum Ziel: Wie gute Beziehungen Ihr Leben leichter machen" rezensiert. Dazu möchte ich heute einige Fragen an Sie richten. 


Vorab so viel: Im Gespräch verrät der gefragte Trainer und Coach, was es für Gespräche und Verhandlungen bedeutet, konsequent auf Diplomatie zu setzen. 

Helga König: Herr Etrillard, Ihr Buch "Mit Diplomatie zum Ziel" begeistert eine breite Leserschaft – wahrscheinlich auch wegen des starken Praxisbezugs. Im Alltag kann fehlende Diplomatie beruflich und privat, wie Sie schreiben, großen Schaden anrichten. Warum? 

   Stéphane Etrillard
© Sylke Gall Berlin | Köln 
Stéphane Etrillard: Etliche Gespräche sind erstaunlich ineffektiv, sie kosten Zeit und Nerven – und oft auch Geld –, machen die Sachlage nur noch komplizierter und tragen nicht dazu bei, irgendetwas zu klären. Manchmal steckt man urplötzlich mittendrin in einer eskalierenden Situation und fragt sich, wie man denn hier nun überhaupt hineingeraten ist. Und wie komme ich hier sauber wieder heraus? Diese Frage ist beinahe noch wichtiger, schließlich bringt es niemandem etwas, einen Scherbenhaufen und zerrüttete Beziehungen zu hinterlassen. Nicht nur im beruflichen Umfeld ist das mindestens unproduktiv. 

Helga König: Wie kann Diplomatie in der Praxis dazu beitragen, Beziehungen nicht unnötig zu belasten? 

Stéphane Etrillard: Ein wesentliches Ziel der Diplomatie ist es ja, gute Beziehungen zu erhalten, sie zu stärken und neue Beziehungen eingehen zu können. Konkret bedeutet das zunächst, dass Aufmerksamkeit gefragt ist – natürlich für die Befindlichkeiten des Gesprächspartners, vor allem jedoch für das eigene Verhalten in Gesprächen und für den eigenen Kommunikationsstil. Das betrifft auch die eigenen Emotionen. Denn wer die eigenen Gefühle und ihre Ursachen kennt, bleibt gelassener und vergreift sich nicht so schnell im Ton. Das verhindert unnötige Belastungen in der Beziehung. 

Helga König: Bedeutet das, dass wir unsere emotionale Intelligenz schulen sollten. Ist Ihrer Meinung nach Einfühlungsvermögen überhaupt erlernbar? 

Stéphane Etrillard: Wir alle verfügen ja über eine natürliche emotionale Intelligenz und sind auch dazu in der Lage, sie einzusetzen und beispielsweise einfühlsamer – also unter Berücksichtigung der Perspektive unserer Gesprächspartner – zu agieren. Manchmal vergessen wir nur, diese Fähigkeit einzusetzen. Das ist Teil der angesprochenen Aufmerksamkeit für das eigene Verhalten. Wer sich jedoch auf einen Gesprächspartner tatsächlich einstimmen will, ist dazu auch in der Lage. Und das hat viele Vorteile, beispielsweise können wir wesentlich überzeugender argumentieren, wenn wir wissen, wie es unserem Gegenüber geht und was ihm wichtig ist. Wohl jeder hat ja schon einmal die Erfahrung gemacht, dass Gesprächspartner völlig aneinander vorbei reden. 

Helga König: Was sind die Ursachen dafür? 

   Stéphane Etrillard
© Sylke Gall Berlin | Köln 
Stéphane Etrillard: Tatsächlich sind die Ursachen meist geradezu trivial: Insbesondere in heiklen Situationen, wenn der Druck und der Stresspegel hoch sind, fehlt vielen Menschen das Gespür für die Lebenswirklichkeit des Gegenübers. Wir nehmen den Gesprächspartner, seine Ansichten und Interessen nicht ernst und hören nicht richtig zu. Zuhören bedeutet nicht nur, die Worte zu hören und zu verstehen, sondern eben auch, sich zu fragen, was mir mein Gesprächspartner sagen will. Und dafür braucht es offene Ohren und einen wachen Geist, um auch das zwischen den Zeilen Gesagte oder auch Unausgesprochene wahrnehmen zu können. Was auf den ersten Blick eher simpel erscheint, erweist sich in der täglichen Gesprächspraxis oft als große Hürde. Die Kunst der diplomatischen Gesprächsführung besteht deshalb insbesondere auch darin, eine möglichst ungehinderte Verständigung zu erzielen. Denn wenn es schon bei der Verständigung hapert, sind die Lösungen für ernsthafte Schwierigkeiten meist weit entfernt. 

Helga König: Welche Rolle spielt in dieser Hinsicht das Thema Glaubwürdigkeit? 

Stéphane Etrillard: Die schönsten Worte nützen nichts, wenn niemand ihnen Glauben schenken mag. Die persönliche Glaubwürdigkeit ist daher ein überaus kostbares und zugleich flüchtiges Gut. Glaubwürdigkeit geht – durch unbedachte Äußerungen, voreilige Zusagen, nicht eingehaltene Absprachen – sehr schnell verloren und kann nur durch größte Mühe zurückgewonnen werden. Obwohl kaum jemand ernsthaft widersprechen würde, dass Glaubwürdigkeit für gute Beziehungen, konstruktive Gespräche und für das Finden von Lösungen von elementarer Bedeutung ist, bleibt sie erstaunlich oft auf der Strecke. Das hat mitunter fatale Konsequenzen: Denn wenn einem Mensch mit seinen Aussagen kein Glauben mehr geschenkt wird, verliert er nicht nur an Ansehen und Respekt, sondern weitgehend eben auch die Möglichkeit, Einfluss auf das Geschehen zu nehmen. Heute wird immer wieder betont, wie wichtig eine positive Selbstdarstellung ist. 

Helga König: Welche Bedeutung hat Ihrer Meinung nach das persönliche Auftreten wirklich? 

Stéphane Etrillard: Ob es uns nun gefällt oder nicht: Jeder persönliche Auftritt – und das kann ein Gespräch, ein Vortrag, ein Termin bei einem Kunden und vieles mehr sein – ist immer auch eine Selbstpräsentation. Und davon, wie wir bei anderen ankommen, hängt beruflich oft sehr viel ab. Wer also den beruflichen Erfolg sucht, kommt an dem Thema nicht vorbei. Das bedeutet jedoch nicht, eine Show abzuziehen. Mit einem gekünstelt wirkenden Auftreten wird niemand positive Effekte erzielen. Es nützt also nichts, die schauspielerischen Fähigkeiten zu trainieren. Wichtiger ist es zu wissen, wodurch wir auf andere wirken: Und das sind unsere rhetorischen und kommunikativen Fähigkeiten. Tatsächlich wird derjenige, der in Gesprächen überzeugt, nahezu immer als starke Persönlichkeit wahrgenommen. Eine gekonnte Kommunikation wird mit Intelligenz und einer schnellen Auffassungsgabe gleichgesetzt. Das Auftreten im Gespräch ist also ein wichtiger Ansatzpunkt für eine positive Selbstdarstellung. Manche Menschen scheinen das völlig falsch zu verstehen – nämlich diejenigen, die in Gesprächen schnell auf Konfrontationskurs gehen. 

Helga König: Wie verhindert man, dass solche Gespräche eskalieren. Gibt es etwas, das generell hilft? 

Stéphane Etrillard: Gespräche sind so unterschiedlich wie die Menschen, die sie führen. Deshalb ist es mit Patentrezepten so eine Sache. Was in solchen Situationen jedoch sehr nützlich ist, ist zunächst einmal Gelassenheit. Das bedeutet nun nicht, alles stoisch hinzunehmen. Es geht vielmehr darum, Ruhe zu bewahren, Konsequenz zu zeigen und Grenzen zu setzen. Das beginnt bereits damit, dass man über verbale Angriffe, Respektlosigkeiten oder gar Manipulationsversuche nicht einfach hinwegsieht, sondern diese entlarvt, sobald man sie erkannt hat. So zeigen Sie Ihrem Gegenüber deutlich, dass er eine entscheidende Grenze überschritten hat. Wenn Sie jedoch zögern und Ihren Gesprächspartner erst einmal gewähren lassen, bis es Ihnen irgendwann dann doch zu bunt wird, provozieren Sie unter Umständen, dass er es immer wieder versucht. Machen Sie hingegen von Anfang an klar, wo Ihre Grenzen liegen und dass Sie eine Verletzung dieser Grenzen nicht akzeptieren, wird er den Konfrontationskurs wahrscheinlich aufgeben. 

Die meisten unfairen Mittel funktionieren ohnehin nur so lange, wie sie unentdeckt bleiben. Ein deutlicher Wink mit dem Zaunpfahl bewegt viele Gesprächspartner bereits, es nicht weiter zu versuchen. Machen Sie also klar: "Ich merke, was du vorhast. Lass es sein, es führt zu nichts." Bei aller Diplomatie und Gelassenheit wird es immer wieder auch Menschen geben, die sich von nichts und niemandem beeindrucken lassen und unbeirrt auf unfaire Methoden setzen. Dann hilft nur eines: der Gesprächs- oder sogar Beziehungsabbruch. Der Gesprächsabbruch – und erst recht der Beziehungsabbruch – sollte allerdings nur als allerletztes Mittel gewählt werden, wenn alle anderen Versuche einer konstruktiven und fairen Auseinandersetzung gescheitert sind. Dann allerdings ist Konsequenz gefragt. Eine bloße Androhung ist kontraproduktiv. Wer den Gesprächsabbruch ins Spiel bringt, weil es keinen anderen Ausweg mehr gibt, der muss das Gespräch dann auch konsequent und unverzüglich abbrechen. 

Helga König:  In Ihrem Buch befassen Sie sich auch mit der nonverbalen Kommunikation. Was empfehlen Sie Managern, die diesbezüglich noch sehr unerfahren sind?

   Stéphane Etrillard
© Sylke Gall Berlin | Köln 
Stéphane Etrillard:  Meine Empfehlung lautet auch hier: Wichtig ist es, ein Bewusstsein für die eigene Körpersprache zu entwickeln. Denn uns ist nur selten bewusst, dass wir auch nonverbal Botschaften aussenden – und wenn es uns nicht bewusst ist, können wir diese Botschaften nicht steuern. Für Führungskräfte ist es in vielen Situationen jedoch überaus wichtig, verbal und nonverbal dieselbe Sprache zu sprechen. Schließlich machen widersprüchliche oder missverständliche Botschaften auf unterschiedlichen Kommunikationskanälen misstrauisch. 

Helga König: Welche Rolle spielt die Körpersprache für den Erfolg von Verhandlungen? 

Stéphane Etrillard: Das Erste, was bei einer Zusammenkunft vom Gegenüber wahrgenommen wird, ist die Haltung. Und schon aufgrund der Körperhaltung machen sich Verhandlungspartner ein Bild von uns. Die Wirkung, die von der Haltung ausgeht, wird dabei meist verallgemeinernd auf den ganzen Menschen übertragen. Ist man hier erst einmal in einer unvorteilhaften Schublade gelandet, erfordert es immer viel Mühe, sich daraus wieder zu befreien. Mit dem bewussten Einsatz der Körperhaltung hat man daher die Möglichkeit, sich von Anfang an ins rechte Licht zu rücken. Wer schon auf den ersten Blick einen – im wahrsten Sinne des Wortes – aufrichtigen, standfesten und zuverlässigen Eindruck macht, schafft gute Voraussetzung für den Verhandlungserfolg. – Zudem ist es wichtig, Unsicherheitsgesten zu vermeiden, gerade in brenzligen Situationen: Achselzucken, sich am Ohr kratzen, die Stirn wischen, an der Kleidung herumzupfen oder das Herumspielen mit Gegenständen können von den Verhandlungspartners als Zeichen der Unsicherheit gedeutet werden.

Helga König:  Gilt das Motto "Mit Diplomatie zum Ziel" auch für Verhandlungen? 

Stéphane Etrillard: Selbstverständlich! – Konkret bedeutet das, Lösungen zu finden, die für beide Parteien dauerhaft den größten Erfolg versprechen. Wichtig ist, dass die Interessen aller Beteiligten gleichermaßen berücksichtigt werden. Damit wird es letztlich sogar unerheblich, wer bei einzelnen Punkten nun recht hat. Wer um jeden Preis recht behalten will, provoziert nur ein leidiges Hin und Her und eine Versteifung auf Positionen. Was wirklich zählt, das ist jedoch eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung aller Kontroversen. Ein Tipp: Halten Sie sich bei Verhandlungen an drei Grundsätze: 
1. Es soll eine Übereinkunft erzielt werden, sofern nicht tatsächlich unüberwindbare Hindernisse auftreten. 2
2. Mit dem Verhandlungsergebnis soll sich das Verhältnis zwischen den Parteien möglichst verbessern. Das Ergebnis darf die Beziehung zumindest nicht belasten. 
3. Welche Übereinkunft auch immer gefunden wird, sie muss praktikabel und in der Praxis umsetzbar sein. 

Im Optimalfall werden dabei die Interessenlagen aller Parteien im höchstmöglichen Maß erfüllt. Neben den Interessen der direkt an der Verhandlung Beteiligten soll die Übereinkunft außerdem die Interessen Dritter, die ebenfalls vom Verhandlungsergebnis betroffen sind, berücksichtigen. – Wer mit dieser Intention in eine Verhandlung geht, schützt sich und seinen Verhandlungspartner davor, dass die Verhandlung in ein Feilschen um Positionen ausartet und schließlich einer von beiden den Kürzeren zieht. Noch eine letzte Frage zu einem anderen Thema: Oft wird ja die Kommunikation in Krisen bemängelt. Und tatsächlich scheinen es manche Manager durch ihre Kommunikation eher noch schlimmer zu machen, als es ohnehin schon ist. 

Helga König: Wozu raten Sie? 

Stéphane Etrillard: In Krisensituationen kommt es darauf an, frühzeitig, wahrheitsgemäß und vollständig zu informieren. Es liegt in der Natur der Sache, dass Krisen überraschend und unerwartet auftreten und häufig eine Eigendynamik entfalten. Das erhöht den Druck auf die Verantwortlichen, schnell zu reagieren, und setzt alle Beteiligten und Betroffenen unter Stress. Schnelle und angemessene Reaktionen können hier entscheidend dazu beitragen, negative Folgen zu mildern. Das kann nur mit einer guten Informationspolitik gelingen. In dieser Situation Informationen unter Verschluss zu halten, wäre der absolut falsche Weg. Deshalb kommt es darauf an, wahrheitsgemäß und vollständig zu informieren, um Spekulationen von Anfang an den Wind aus den Segeln zu nehmen und Verunsicherungen gar nicht erst aufkommen zu lassen. Wer hingegen nur unzureichend oder falsch informiert, schürt zusätzliche Krisenherde und kann sich sicher sein, dass alle Fehlinformationen im Langzeitgedächtnis der Zuhörer haften bleiben. Oft wachsen unverschuldete Krisen zu Vertrauenskrisen und Motivationskrisen bei den Mitarbeitern und Partnern heran. Und gerade in ohnehin schwierigen Zeiten kann sich kein Unternehmen eine zweite oder dritte Front leisten. Deshalb kommt es auf eine frühzeitige und wahrheitsgemäße Informationspolitik an. 

Lieber  Stéphane Etrillard ich danke Ihnen für das aufschlussreiche Gespräch

Ihre Helga König

  Stéphane Etrillard
© Sylke Gall Berlin | Köln 
Stéphane Etrillard ist internationaler Keynote Speaker und zählt zu den meistgefragten und besthonorierten Top-Wirtschaftstrainern im deutschsprachigen Raum. Der mehrsprachige Vortragsredner gilt als führender europäischer Experte für "persönliche Souveränität". Stéphane Etrillard, Kosmopolit französischen Ursprungs lebt in der Kulturmetropole Berlin. In seiner Freizeit beschäftigt er sich leidenschaftlich mit Philosophie, Literatur und Klaviermusik und lernt mit großer Begeisterung das Klavierspielen. Sein einzigartiges Know-how ist in den letzten 20 Jahren in der Beobachtung und Begleitung von mehreren Tausend Führungs- und Nachwuchskräften aus unterschiedlichsten Branchen entstanden. Zudem wurde er als Ausnahmepersönlichkeit unter die Top 100 Speakers aufgenommen. Mit seinen Privatissima im Bereich Rhetorik, Dialektik und Körpersprache sowie Selbst-PR verhilft er seinen Kunden zu mehr Souveränität in allen Lebenslagen. Er steht einigen der angesehensten Familien Europas als Privatcoach mit Rat und Tat zur Seite. Zu seinen Klienten zählen Manager aus Top-Unternehmen, mittelständische Unternehmer und Politiker sowie viele Menschen, die sich bei ihm neue Impulse holen, um ihre Kommunikation noch souveräner und ihr Leben erfolgreicher zu gestalten. Durch zahlreiche Vorträge und Publikationen ist er einem breiten Publikum bekannt geworden. Er ist Autor von über 40 Büchern und Audio-Coaching-Programmen, die zu den Business-Topsellern zählen. Täglich lesen über 30.000 Menschen seine Coaching-Impulse in den sozialen Netzwerken.


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