Dieses Blog durchsuchen

Helga und Peter J. König im Gespräch mit Alexander Baumann, Weingut Domhof, Guntersblum/ Rheinhessen

Lieber Herr Baumann, heute werden wir sechs Ihrer Weine auf "Buch, Kultur und Lifestyle" vorstellen und möchten dazu einige Fragen an Sie richten.

Anbei der Link zu den Weinbesprechungen:http://helga-koenig-wein.blogspot.de/2015/04/rezension-weingut-domhof.html

Helga König: Das Weingut Domhof in Guntersblum hat eine lange Historie, was gibt es darüber zu berichten?

 Alexander und Chris Baumann
Weingut Domhof
Alexander Baumann:  Seit dem 7.Jahrhundert gehörte Guntersblum zum Erzbistum Köln. Um den Unterhalt des im 9.Jahrhunderts gegründeten Stiftes Xanten zu sichern, stattete der Kölner Erzbischof das Stift mit Gütern aus, wozu auch Besitz und Rechte in Guntersblum gehörten. Aus dem Besitz der Guntersblumer mussten Jahr für Jahr 12 Fuder Wein, 100 Malter Korn und 50 Malter Weizen bis nach Köln geliefert werden. 

1237 tauschten die Kölner mit dem Wormser Domkapitel Patronat und Güter aus. Die neuen Besitzer verpachteten den Hof an so genannte Domhofbeständer oder Domstiftsmänner. Noch heute berichtet die Zehntscheune im Domhof über das Steuerwesen des Spätmittelalters. Das Wohnhaus wurde 1754 im Barockstil erbaut. Seit dieser Zeit ziert der heilige Petrus als Wappen das Eingangstor und seit vielen Jahren die Weinetiketten. 

Nach der französischen Revolution wurde die Kirche im linksrheinischen französischen Staatsgebiet enteignet. Nachdem der Hof 1802 – 1806 im Besitz der französischen Ehrenlegion war, wurde er von einem Pariser Bankier versteigert. Der neue Besitzer war die Familie des letzten Domhofbeständers. 

1874 erwarb Heinrich Schmitt, mein Ur-Urgroßvater, den Hof. Der Pferdestall mit altem Kreuzgewölbe, ein Teil der ehemaligen Zehntscheune des Domstift Worms, kann heute als offizielles Standesamt genutzt werden. Besucher des Domhofs treffen gleichzeitig auf ein ganz besonderes Kleinod in unserem Weingut, das nur wenige kennen: Die in Teilen noch erhaltene Guntersblumer Synagoge, die vom Erbe jüdischer Kultur berichtet. 1938 kaufte mein Urgroßvater die Synagoge und rettete sie vor der anstehenden Brandstiftung. 

Peter J. König: Für alle die sich nicht so gut in der Region auskennen, wo liegt Guntersblum, zu welchem Weinanbaugebiet ist es zugehörig und was zeichnet die Lage der Weinbau-Gemeinde aus?

Alexander  Baumann: An der alten Römerstraße zwischen Worms und Mainz liegt Guntersblum. Seinen Namen verdankt der zwar urkundlich erst im 13. Jahrhundert erwähnte, wahrscheinlich aber wesentlich ältere Ort, dem Burgunderkönig Gunther, der den Ort vor 1500 Jahren "meine Blume" nannte. Die Weinbaugemeinde Guntersblum verdankt ihre Bekanntheit vor allem dem Kellerweg. Der Kellerweg liegt unterhalb der Guntersblumer Weinberge und erstreckt sich über eine Länge von rund 1 km. Hier reiht sich Kelterhaus an Kelterhaus, in denen früher die Winzer ihren Wein gekeltert haben. Einige dieser alten Keller werden auch heute noch genutzt. Die Keller sowie zahlreiche Weinstände laden Ende August am Kellerweg-Fest ein, Guntersblumer Weine und Sekte zu genießen. 

Guntersblum gehört zum Weinanbaugebiet Rheinhessen, welches mit 26.500 ha Rebfläche das größte Anbaugebiet Deutschlands ist. Als Ort in Rheinhessen hat Guntersblum eines der trockensten und wärmsten Klimate in ganz Deutschland. Diese Wärme und die Trockenheit begünstigen dabei auch den hier in hohem Maße betriebenen Weinanbau. 

Die zehn Guntersblumer Lagen gehören zum Bereich Nierstein. Sie verteilen sich auf die Großlagen Vogelsgärten (Kreuzkapelle, Steig-Terrassen, Bornpfad, Auenthal, Himmelthal) und Krötenbrunnen (Steinberg, Sonnenhang, Sonnenberg, Eiserne Hand, Sankt Julianenbrunnen). Insgesamt werden hier 550 ha Rebfläche bewirtschaftet. Der Guntersblumer Boden besteht hauptsächlich aus Lößboden. Das Spektrum reicht dabei von eher sandigem Lößboden in der Rheinebene bis zu lehmigen Boden im Hang und auf der Kuppe. Löß ist aufgrund seiner mineralischen Zusammensetzung ein äußerst fruchtbarer Boden, der besonders gut Wasser speichern kann. 

Er liefert daher für unsere Region ideale Bedingungen für das Rebwachstum und für die Entwicklung der Trauben.


Helga König: Wieviel ha Rebfläche werden bearbeitet und was gibt es zu dem Terroir zu sagen, ebenso über die besonderen Lagen vom Domhof?

Alexander Baumann:  Wir bearbeiten 10 ha Rebfläche. Die Flächen befinden sich in den Gemeinden Guntersblum, Nierstein und Alsheim. Aufgrund dieser weitläufigen Verteilung unserer Weinberge, haben wir das Glück, unsere Reben auf drei verschiedenen Bodenarten anbauen zu können. Zum Ausbau so genannter Terroirweine eignen sich der Riesling sowie der Silvaner besonders gut. Die Trauben dieser Weine wachsen auf den regionaltypischen Böden Löss, Kalk und auf dem weltberühmten Niersteiner Roten Hang. Die Erträge unserer Terroirweine, welche wir in unserem Ortsweinsegment verkaufen, werden durch das Teilen der Trauben und selektive Handlese massiv reduziert. Nach einem schonenden Ausbau im Edelstahl entfalten die Weine ihre volle Frucht und Cremigkeit. 

Das sind Weine mit individuellen Charakteren, ausdruckstarkem Bukett und unendlich viel Charme. Hier wird die Herkunft der Weine schmeckbar – und die ist garantiert nicht langweilig. Unsere Lagenweine sind Weine mit einmaliger Herkunft aus ganz besonderen Lagen. Das handwerkliche Erzeugen dieser Weine allererster Güte erfordert ein Maximum an Fleiß und Disziplin. Vielfältig sind die Beispiele an Aufgaben, bei denen wir als Winzer mit absoluter Leidenschaft und Herzblut immer noch einen Funken mehr leisten müssen. 

Diese Quantum mehr an Aufwand bringt ein Ergebnis, das nicht nur sehr gut ist, sondern außerordentlich. Nur ganz kleine Filetstücke aus ausgewählten Toplagen schaffen es Weine von derart kompromissloser Qualität, Eigenart und Persönlichkeit hervorzubringen. In unseren Lagenweinen vom Guntersblumer Himmelthal, Guntersblumer Bornpfad, Niersteiner Paterberg, Niersteiner Heiligenbaum und Niersteiner Pettenthal vereinen sich Kraft und Ausdruck eines jeden Jahrgangs mit allen unverwechselbaren Eigenheiten von Boden, Mikroklima und unserer Arbeit. Jedes Glas erzählt dabei seine ganz eigene Geschichte! 

Peter J. König: Welche Rebsorten werden überwiegend angebaut und warum?

 Abendstimmung im Domhof
Alexander Baumann:  Riesling ist mein Steckenpferd Nummer eins! Insgesamt 9 Rieslinge umfasst das angebotene Sortiment. Vier Rieslinge werden als Lagenweine vom Guntersblumer Himmelthal, Niersteiner Heiligenbaum, Niersteiner Paterberg und Niersteiner Pettenthal ausgebaut. Jeder einzelne besticht dabei mit seiner ganz individuellen Art und Charakteristik. Im Ortsweinbereich bieten wir drei Terroirrieslinge der drei Böden Kalk, Löss und Roter Hang an. 

Im Basissegment findet man unseren frischen, fruchtigen Riesling Gutswein. Der Ausbau von Rieslingweinen ist meine große Leidenschaft! Keine andere Rebsorte ist so vielseitig auszubauen, wie der Riesling. Er bringt die interessantesten, abwechslungsreichsten und wunderbarsten Weine hervor. Vom einfachen Basiswein bis hin zum hochkarätigen Gewächs lässt der Riesling eine Bandbreite an Spielarten mit sich treiben. Riesling ist für mich einfach unersetzlich! Neben dem Riesling fasziniert mich seit einigen Jahren auch der Ausbau des Silvaners. 

Auch wenn viele bei der Rebsorte "Silvaner" unmittelbar an das Anbaugebiet Franken denken, besitzt Rheinhessen in Deutschland die größte Silvaneranbaufläche. Vielleicht ein Indiz dafür, dass der Silvaner in früheren Zeiten als einfaches Massenprodukt vermarktet wurde und sich daher keinen allzu guten Ruf verdiente. 

Als Spitzenwein ausgebaut, zeigt sich der Silvaner allerdings von seiner besten Seite. Oft äußerst verführerisch im Bouquet mit einer Vielzahl an fruchtigen und kräutrigen Aromen avanciert der Silvaner der hohen Liga zu einem äußerst noblen und eleganten Begleiter. Dabei darf er ruhig auch mal in dem einen oder anderen Holzfass lagern, was ihm eine geschmackvolle Spur an Cremigkeit verleiht. 

Helga König: Heute hat ja jedes Weingut seine eigene Philosophie zum Weinmachen, wie ist die Ihrige?

 Im Weinberg
Alexander Baumann: Wie der Name Domhof schon verrät, steckt eine Menge Geschichte in den Mauern unseres Weinguts, worüber ich sehr stolz bin. Einst gehörte das Gut dem Domstift Worms und ging 1874 in Familienbesitz über. Seit inzwischen vier Generationen wird hier Wein hergestellt. 

Doch genug der alten Dinge. Tradition verbunden mit einer klaren Zielsetzung, hohem Qualitätsanspruch und Leidenschaft schafft große Weine. In jedem Wein steckt die Liebe zur Traube, zum Detail und zur eigenen Arbeit. Wirklich hohe Weinqualität ist  für mich ein Wert, der das Leben bereichert. Die Trauben, die ich für Sie ernte und die Weine, die ich für Sie reifen lasse, haben deshalb vor allem ein Ziel: LEBENSQUALITÄT! Die Qualität dabei entsteht zu allererst,  im Weinberg. Nur mit konsequenter Ertragsreduzierung am Stock, Spontangärung und einer defensiven Kellerwirtschaft werden Weine zum Spitzenerlebnis! 


Peter J. König: Wie werden die Weine vom Weingut Domhof vermarktet und wohin überall werden sie verkauft?

 Weinkeller in der Synagoge
Alexander Baumann: Unsere Weine werden in erster Linie an Endverbraucher in ganz Deutschland verkauft. Die Weine können direkt über uns bezogen werden. Wir liefern dann innerhalb kürzester Zeit per Weinspedition direkt zum Kunden nach Hause. Dabei gibt es keine Mindestabnahmemengen. Gerne stellen wir zur Probe auch gemischte Pakete je nach individueller Geschmacksrichtung zusammen. 

Helga König: Gibt es etwas über Hof- eigene Veranstaltungen zu erzählen, wie z. B. ein Hoffest oder die Möglichkeit von Familienfeiern?

Alexander Baumann:  Neben unserem Weingut haben wir uns mit einem im Jahr 2007 neu erbauten Veranstaltungsbereich ein zweites Standbein geschaffen. Der ursprünglich für Weinproben und Familienfeiern erbaute Raum mit Terrasse und Zugang zu unserem Weinaromagarten wird nun seit vielen Jahren von Mai bis Oktober an jedem Wochenende für Hochzeitsfeiern genutzt. Daneben gibt es die Möglichkeit, in unserem alten Pferdestall, einer Außenstelle des Standesamtes, zu heiraten. Immer an den letzten drei Wochenenden im April öffnet unsere Straußwirtschaft. Zu unseren erlesenen Domhof-Weinen verwöhnt Gourmet- und SWR-Fernsehkoch Frank Brunswig die Gäste mit kulinarischen Leckereien. Am letzten Aprilwochenende präsentieren wir jeweils den neu abgefüllten Weinjahrgang an einer großen Verkostungsstation. 

An den ersten beiden Adventswochenenden laden wir gemeinsam mit Gourmet und SWR-Fernsehkoch Brunswig zum Winter-Restaurant im Domhof ein. Mit erlesenen Weinen sowie Gans- und Wildgerichten stimmen sich unsere Gäste bestens auf die Weihnachtszeit ein. Selbstverständlich darf dabei der Wein direkt eingekauft werden. 

Momentan steht in Sachen Weintourismus unser neuestes Projekt an: Nach langer Planung haben wir Anfang des Jahres mit dem Bau eines Gästehauses begonnen, welches voraussichtlich Anfang kommenden Jahres bezugsfertig sein wird.

Künftig stehen unseren Gästen dort 12 DZ zur Verfügung, die bei Familienfeiern, Weinproben oder aber auch für Tagungsgäste genutzt werden können. 

Helga König: Können die Weine auch online bestellt werden, und wie sieht es mit Weinproben und Kauf direkt im Gut aus?

Alexander Baumann:  Die Weine können per E-Mail direkt bei uns bestellt werden. Termine für Weinproben im Weingut oder auch bei Kunden und interessierten Neukunden zu Hause können selbstverständlich jederzeit vereinbart werden. Im Weingut selbst haben wir folgende Öffnungszeiten für den Weineinkauf in der Vinothek: Do+Fr 17-19 Uhr, Sa 10-12 Uhr. Ein Einkauf zu einer anderen Zeit ist nach vorheriger telefonischer Vereinbarung auch möglich. 

Peter J. König: Wie wirkt sich der Klimawandel auf die Herstellung der Weine aus, oder sind Sie überhaupt nicht betroffen?

Chris und Alexander Baumann
Weingut Domhof
Alexander Baumann:  Bisher sind die Bedingungen für den Weinbau in Deutschland gut. Doch in weiter Zukunft sind sicherlich einige Herausforderungen zu meistern. Die Temperaturen steigen, das Wetter wird extremer: Die Weinreben müssen mit neuen Bedingungen fertig werden. Das wird künftig sicherlich eine Herausforderung für uns Winzer darstellen. Durch die Erderwärmung werden sich die Klimazonen in den nächsten Jahrzehnten weiter nach Norden verschieben – und damit auch die Vegetation. Rückblickend auf die letzten zwei Jahrzehnte lässt sich feststellen, dass die Trauben schneller reifen als in der Vergangenheit. Die Reben treiben früher aus und blühen früher, die Trauben färben sich schneller und die Weinlese finde eher statt. Dies bedeutet allerdings nicht, dass man künftig einfach Reben aus dem Süden in Deutschland anpflanzt. Diese kämen mit anderen Witterungsbedingungen hierzulande nicht zurecht. Da wären beispielsweise die zunehmenden Wetterextreme von Hitze aber auch Stürmen, Hagel und Frosteinbrüchen im Frühjahr zu nennen. Das Anpflanzen von Reben aus dem Süden ist zudem auch gar nicht nötig. Denn dem heimischen Weinbau mit seinen traditionellen Sorten wie den Burgundersorten oder dem Riesling müsse der Klimawandel nicht zwangsläufig schaden. Bislang haben sich die Erzeugungsqualitäten in den deutschen Anbaugebieten eher sogar verbessert. Seit den 1990er Jahren gibt es auch hierzulande sehr gute Rotweinqualitäten, die ja unter dem Einfluss von mehr Wärme während der Vegetationsperiode entstehen.

Helga König: Warum haben die Weine in Rheinhessen in den letzten zwei Jahrzehnten eine derartig positive Entwicklung genommen, sodass die Region mittlerweile zu der dynamischsten in ganz Deutschland zählt? 

 Riesling Himmelthal
Alexander Baumann: Rheinhessen zählt mittlerweile zu den dynamischsten Regionen Deutschlands, da die Zahl der enthusiastischen, dynamischen und qualitätsbesessenen jungen Winzern, die eine Spitzenarbeit leisten und dabei wahnsinnig gute Weine produzieren, ständig steigt. Das macht einfach richtig viel Spaß!

Lieber Herr Baumann, wir danken Ihnen für das aufschlussreiche Interview.

Ihre Helga König, Ihr Peter J. König

Fotos: Weingut Domhof

Bitte klicken Sie auf den Link, dann gelangen Sie zum Weingut Domhof und können den Wein dort bestellen. www.weingut-domhof.de

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen