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Helga König im Gespräch mit Dr. Elisabeth Sandmann über das Buch "Der gestohlene Klimt"

Liebe Frau Dr. Sandmann, dieser Tage habe ich Ihr Buch "Der gestohlene Klimt. Wie sich Maria Altmann die goldene Adele zurückholte" rezensiert. Dazu möchte ich Ihnen heute einige Fragen stellen.


Helga König: Sie haben in Ihrem Verlag vor einiger Zeit bereits den Kunstband "Verlorene Bilder Verlorene Leben- Jüdische Sammler und was aus ihren Kunstwerken wurde" herausgebracht. War dieses Buch für Sie der Anlass, nun über das Engagement von Maria Altmann um ihr Erbe ein Buch zu verfassen?

 Dr. Elisabeth Sandmann
Foto: Klaus Haag
Dr. Elisabeth Sandmann: Eigentlich war der Fall Maria Altmann seinerzeit das Initialmoment, um mich mit den gestohlenen Sammlungen jüdischer Besitzer zu beschäftigen und so erschien 2009 das von Ihnen erwähnte Buch. Der Fall Bloch-Bauer hat mich dann nicht mehr losgelassen und so habe ich mich jetzt intensiver damit beschäftigt. 

Helga König: Wie deuten Sie die Beziehung von Marias Tante zu Gustav Klimt?

Dr. Elisabeth Sandmann: Gustav Klimt liebte die Frauen und die Frauen liebten ihn. Er hatte angeblich 14 uneheliche Kinder, aber was zwischen Adele Bloch-Bauer und ihm passiert ist oder eben auch nicht, kann man nur vermuten. In jedem Fall werden sich die beiden an der Anwesenheit des jeweils anderen erfreut haben. 

 Helga König
Helga König: Können Sie in wenigen Worten etwas zu Adeles Testament mitteilen, vor allem, warum es möglich war, überhaupt gegen den österreichischen Staat auf Herausgabe der Bilder zu klagen?

Dr. Elisabeth Sandmann: Der Fall ist aus verschiedenen Gründen sehr komplex. Im Testament setzte Adele Bloch-Bauer ihren Mann Ferdinand als Alleinerben ein und bat ihn, die Klimt-Bilder nach ihrem Tod dem Museum zu hinterlassen. Es war eine Bitte und keine bindende Verfügung. Hinzukam, dass Ferdinand Bloch-Bauer ein Jahr nach ihrem Tod anwaltlich feststellen ließ, dass nicht seine Frau, sondern er selbst Eigentümer der Bilder ist. Das bedeutete, dass auch nur er über den weiteren Verbleib der Bilder verfügen konnte. 


Nach dem Einmarsch der Nazis in Österreich wurden die Klimt Bilder enteignet, Ferdinand Bloch-Bauer war im Exil und musste aus der Ferne verfolgen, wie seine Sammlung verscherbelt wurde. Das Testament wurde der Familie erst durch die Recherchen des Journalisten Hubertus Czernin 1999 zugänglich gemacht, so dass die Familie dann erst vom Wunsch der Verstorbenen lesen konnte. Im Testament wurde eine Bitte formuliert, aber eben keine Aufforderung mit einem zwingenden Charakter. Diese neue Information verbunden mit einer sich verändernden Auffassung gegenüber Nazi-Raubkunst in Österreich führte dazu, dass Maria Altmann prüfen ließ und herausfinden wollte, ob die Klimt-Bilder rechtmäßig in österreichischem Besitz seien. 


Helga König: Hat das Schicksal Maria Altmann zu einer starken, kämpferischen Frau werden lassen oder war sie es per se?

Dr. Elisabeth Sandmann: Diese Frau war von Anfang an selbstbewusst. Sie wuchs in einem Haus mit Bildung und Haltung auf. Die Verhaftung ihres Mannes, die Flucht, die Jahre im Exil werden sie noch stärker gemacht haben, als sie ohnehin schon war. Als sie sich dann dazu entschlossen hatte, alle juristischen Mittel anzuwenden, um den Familienbesitz zurückzubekommen, war sie über 80 Jahre alt und eigentlich konnte sie in dieser Angelegenheit jetzt nur noch gewinnen, denn verloren hatte die Familie sie ja bereits fast alles. 

Helga König: Sie schreiben u.a. von einem Collier Adeles, das die Nazis Maria gestohlen haben und das Hermann Göring dann seiner Frau schenkte. Sie schreiben weiter, dass das kostbare Schmuckstück sich heute möglicherweise im Besitz von Görings Tochter in München befindet. Weshalb wird ein solches Unrecht nicht breit in der Presse kommuniziert?

 Dr. Elisabeth Sandmann
Foto: Klaus Haag
Dr. Elisabeth Sandmann: Man weiß heute nicht, wo sich das Collier befindet, man weiß nur, dass es Göring seiner Frau geschenkt hat. 

Helga König: Die Familie Bloch-Bauer war einst in Wien sehr etabliert und hat viel für die Stadt getan. Was tat die Stadt nach dem Ende der braunen Pest freiwillig für die Überlebenden dieser kulturellen Familie?

Dr. Elisabeth Sandmann: Meines Wissens nichts, aber auch für andere Familien ist nach dem Krieg nichts getan worden. Es herrschte ja in vielen Behörden noch ein latenter und ganz offener Antisemitismus. 

Helga König: Maria Altmanns Anwalt Randoll Schoenberg sagte 2002 "Ich bin jederzeit bereit, nach Wien zu fliegen, aber in Österreich will niemand mit uns reden." Wie war so etwas überhaupt möglich, nachdem, was man den Juden in Europa angetan hatte?

Dr. Elisabeth Sandmann: Unabhängig davon, dass Klimt heute zu den am höchsten gehandelten Künstlern zählt, hatten die Bilder einen starken emotionalen Wert gerade für Wien und gerade für dieses Museum. Denn Klimt gehört zu Wien und diese Bilder waren der Stolz des Belvedere. Das Museum versuchte daher alles, um die Gemälde nicht herausgeben zu müssen. Man hat dabei in den Gesprächen mit Maria Altmann und ihrem Anwalt Randol Schoenberg Fehler gemacht und von einem Standpunkt aus verhandelt, als habe die Gegenseite von den USA aus keine Zugriffsmöglichkeit auf die Gemälde, und da hat man sich gründlich geirrt. 

Helga König: Die Geschichte wurde 2015 mit dem Titel "Die Frau in Gold" verfilmt. Können Sie uns diesbezüglich Näheres sagen? 

Dr. Elisabeth Sandmann: Die Geschichte im Film konzentriert sich auf Maria Altmann, die Nichte von Adele Bloch-Bauer, und beschreibt in Rückblenden die Zeit um die Jahrhundertwende und den Einmarsch der Nazis. In meinem Buch geht es um das ganze Jahrhundert und damit vor allem auch um die Zeit, in der Adele Bloch-Bauer lebte und die sie mit Klimt verbracht hat. Natürlich spielt der spannende Rechtsstreit in Film und Buch eine ebenfalls zentrale Rolle. Wer traut sich schon mit über 80 Jahren einen souveränen Staat wie Österreich verklagen zu wollen - und bekommt dann auch noch recht. 

Liebe Frau Dr. Sandmann, ich danke Ihnen herzlich für das aufschlussreiche Interview. 

Ihre Helga König

Bitte klicken Sie auf den Link, dann gelangen Sie zum Elisabeth Sandmann Verlag und können das Buch bestellen.http://www.elisabeth-sandmann.de/1538/momente-des-lebens-der-gestohlene-klimt. Sie können es aber auch bei Ihrem Buchhändler um die Ecke ordern.

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