Dieses Blog durchsuchen

Helga König im Gespräch mit SKH Luitpold Prinz von Bayern und Andreas E. Mach, Herausgeber des Buches "Tradition und Innovation", Callwey-Verlag

Liebe Königliche Hoheit Luitpold Prinz von Bayern, lieber Andreas E. Mach, Sie sind die Herausgeber des Buches "Tradition und Innovation". Dieses informationsreiche Werk habe ich vor einigen Tagen auf "Buch, Kultur und Lifestyle" rezensiert und möchte Ihnen nun einige Fragen dazu stellen

Hier der Link zur Rezension: http://helga-koenig-gpw.blogspot.de/2015/07/rezension-tradition-und-innovation.html

Helga König: Hat es wirtschaftsgeschichtliche Gründe, weshalb Bayern für Familienunternehmen attraktiver ist als andere Bundesländer oder ist Eigenständigkeit ein besonderes Mentalitätsmerkmal der Bayern überhaupt?

 SKH Luitpold Prinz von Bayern
SKH Luitpold Prinz von Bayern: Bayern hat sich über lange Zeit Standortvorteile erarbeitet: Ein sehr hochwertiges, kulturelles Angebot, gute Infrastruktur, gute Ausbildung/Forschung und einen hohen Freizeitwert. Eigenständigkeit und Stolz auf Tradition und Land, sind die Folge. Damit ist es, besonders für qualifizierte Mitarbeiter, attraktiv in Bayern zu arbeiten. 

Andreas E. Mach: Bayern ist ein attraktiver Standort für Arbeitskräfte und Manager. Eine hohe kulturelle Bindung der Bevölkerung an ihre Heimat hält die Menschen hier und sie verlassen nicht selten ihren Wohnort und Arbeitsplatz ein ganzes Leben lang nicht. Es gibt Familienunternehmen in Bayern, im Allgäu beispielsweise oder in Oberbayern, wo Mitarbeiter über Generationen im selben Unternehmen arbeiten, eben bei den "hidden champion", die in ihren Regionen in hohem Masse Verantwortung für die Menschen und ihre Heimat übernehmen auf vielfältige Weise. Andererseits ist die Industriestruktur sehr heterogen, es gibt Medien, Hochtechnologie, Luft-und Raumfahrt und Dienstleistungsunternehmen, die international Arbeitnehmer anziehen, die gerne nach Bayern ziehen, nicht nur wegen des qualifizierten Arbeitsplatzes und der Aufstiegschancen sondern auch wegen des hohen Freizeitwertes der schönen Seen, Berge und Wälder in Bayern. 

 Helga König
Helga König: Inwieweit spielt die Nähe zum Glauben eine Rolle für eine intensivere Verbundenheit in der Familie, die Basis für ein gutes generationenübergreifendes Arbeiten in Familienbetrieben ist?

SKH Luitpold Prinz von Bayern: Die christliche Lehre, als ein Grundelement europäischer Kultur, hat einen moralischen Rahmen gesetzt, der zur sozialen Mitverantwortung, im Sinne der sozialen Marktwirtschaft geführt hat. Verantwortung und Rücksichtnahme sind in einem Familienunternehmen leichter umsetzbar als in einem rein gewinnorientierten Unternehmen mit shareholder value als Richtwert. 

Helga König: Können Sie den Lesern kurz erläutern, was man unter dem "Alphazirkel" zu verstehen hat und welche Vorteile sich die Mitglieder davon erhoffen dürfen?

 Andreas E. Mach
Andreas E. Mach: Der ALPHAZIRKEL wurde vor zehn Jahren als Arbeitsgemeinschaft von wirtschaftsberatenden Berufen und Familienunternehmern gegründet um einen geschützten Ort des Erfahrungs- und Meinungsaustausches mit moderierten Unternehmerdiskussionen zu haben über den Generationswechsel und die Zukunftssicherung von Familienunternehmen über Generationen. Heute ist der ALPHAZIRKEL ein internationales Familienunternehmernetzwerk, das Unternehmer in Bayern, in Deutschland, und über die Grenzen hinaus zum Beispiel in die Schweiz, Österreich, Südtirol, aber auch in die neuen Märkte der Türkei, des Nahen Ostens und Indien untereinander und miteinander vernetzt für den Austausch von Erfahrungen und für die Weiterentwicklung ihrer Geschäftsmodelle in neuen Märkten.

Tausende von Familienunternehmern nehmen dieses Angebot auf unterschiedliche Weise an, indem sie unsere Unternehmerabende, Workshops, Familientage und Branchen Boardroom Meetings besuchen und damit auch unser anspruchsvolles Programm von Unternehmern für Unternehmer finanzieren.

Die Teilnahme ist nur auf persönliche Einladung möglich oder durch Registrierung auf unserer website, damit sich die Unternehmer auf Augenhöhe begegnen können, ohne irgendwelche Verpflichtungen eingehen zu müssen. Viele ALPHAZIRKEL Gäste bringen auch ihre potentiellen oder bereits ausgewählten Nachfolger mit, für die wir ein eigenes Angebot haben. Im Kern ist der ALPHAZIRKEL eine non-profit Organisation, weil wir alle Einnahmen wieder in Veranstaltungen, Publikationen und Studien investieren.

Helga König: Gibt es Analysen, weshalb es weltweit Drei Viertel aller Familienunternehmen nicht in die vierte Generation schaffen und gibt es zudem überzeugende Strategien diese Hürde erfolgreich zu überspringen?

SKH Luitpold Prinz von Bayern: Wie alt werden nicht familiengeführte Unternehmen im Vergleich? Was geschieht mit Familienunternehmen wenn Sie aus der Familie entgleiten? Meistens gehen sie ja weiter. Hierzu wären Fakten hilfreich! 

Andreas E. Mach: Tatsächlich gibt es in fast allen Kulturen ein Sprichwort über die dritte Generation im Familienunternehmen, und statistisch gesehen ist es so, dass lediglich etwa 20 % aller Unternehmen es in die vierte Generation schaffen. 

Deutschland:    "Der Grossvater erbauts, der Vater erhälts, beim Enkel zerfällts" 

Brazil. "Pai rico, filho nobre, neto pobre" (Reicher Vater, vornehmer Sohn, armer Enkel")

China:  "Fu bu guo san dai" (Reichtum überlebt keine drei Generationen).

Mexico: "Padre bodeguero, hijo caballero, nieto pordioser". (Vater Unternehmer, Sohn Playboy, Enkel Bettler) 

Italy: "Dalle stalle alle stelle alle stalle". "Vom Stall zu den Sternen zurück in den Stall."

Das zeigt einerseits, dass das Familienunternehmen als die vorherrschende Unternehmensform in allen Kulturen besteht, andererseits dass der Generationswechsel überall dieselben Herausforderungen hat. Mit der Globalisierung und dem raschen Technologiewandel, denken Sie ans Internet, sind diese Herausforderungen noch grösser geworden. Wenn wir zum Beispiel in der Türkei oder im Nahen Osten Familienunternehmen beraten, dann sehen wir die große Bewunderung für die Langlebigkeit der deutschen Familienunternehmen, die es besonders gut schaffen, Unternehmen über viele Generationen zu erhalten. Ich denke es hat etwas mit der Fokussierung und der sprichwörtlichen Sparsamkeit der Familienunternehmer zu tun. 

Wenn die Firma im Zentrum der Aufmerksamkeit steht und nicht das Wohlleben, das man sich durch großzügige Ausschüttungen, vielleicht eine Weile lang leisten kann, dann mache ich das Unternehmen stark und widerstandsfähig. Und wenn die Familiennachfolger die bestmögliche Ausbildung haben und diese Werte fortführen, dann haben sie gute Chancen, ihre Unternehmen erfolgreich weiterzuführen. Am Ende ist es eine Frage der Haltung. 

Wenn die Jugend schon mit 18 Jahren Ferrari fährt und First Class um die Welt jettet, ist sicher kein Platz, um die Demut vor dem Kunden, den Mitarbeitern, dem Management zu entwickeln, die es zweifelsohne braucht, um ein Unternehmen erfolgreich in der Familie zu halten. 

Nachdem Familien über die Generationen ja wachsen und mit ihnen die Anzahl der Gesellschafter müssen die Unternehmerfamilien häufig auch eine Entscheidung treffen, wie viel Familie gut ist fürs Unternehmen, und da spielt dann die Trennung von Kapital und Management eine große Rolle und die Fähigkeit kompetentes Managen ins Unternehmen zu holen und der Familie die Gesellschafterrolle zu geben, die auch gelernt sein muss. 

Helga König: Um ein Unternehmen über Generationen hinweg in wirtschaftlicher Blüte zu halten bedarf es immerwährender Innovation. Wie gestaltet sich diese im Hier und Jetzt in Ihrer Porzellanmanufaktur Nymphenburg?

 SKH Luitpold Prinz von Bayern
SKH Luitpold Prinz von Bayern: Die Porzellanmanufaktur ist und bleibt ein rein handwerklicher Betrieb auf höchstem Niveau. Innovation findet hier vor allem in Design und Kunst statt. Über Jahrhunderte wurden immer die besten stilbildenden Designer der jeweiligen Zeit eingesetzt, dies gilt auch heute noch. Die Aufgabe ist, den prägenden Stil des 21. Jahrhunderts zu formen. 

 Helga König
Helga König: Was macht die im Buch vorgestellten Familienbetriebe so besonders attraktiv, um sie gewissermaßen als Musterbeispiele dafür zu präsentieren, wie man es klugerweise machen sollte?

Andreas E. Mach:  In unserem Buch Tradition und Innovation ist uns eine gute Auswahl ganz unterschiedlicher Familienunternehmen gelungen, große, kleine, industrielle und handwerkliche. Was sie gemeinsam haben, ist die Fähigkeit, dass sie sich in ihrer Geschichte immer auf die sich verändernden Märkte und Zeiten haben einstellen und neu-erfinden können und so die Tradition bewahren, sie aber neu und innovativ interpretieren. Es gibt keinen Königsweg für das erfolgreiche Familienunternehmen über Generationen, denn so unterschiedlich wie die Unternehmen sind, so unterschiedlich sind auch die Familien, die sie besitzen. Gerade deshalb ist es so wichtig, die Geschichten der erfolgreichen Familienunternehmer aufzuschreiben und zu publizieren, damit Unternehmer und andere Leser herausfinden können, welche der Erfolgsfaktoren sie auch in ihren Familien ein-und umsetzen können. Mit viel Feingefühl und Können erzählt der Autor Christian Thiele die Geschichten der Unternehmerfamilien mit hervorragender photographischer Begleitung und Illustration durch Eng Kapitza. Wir sind beiden dankbar, dass sie damit das Buch als gebundenen Schatz an Werten und Erfolgsgeschichten für eine breitere Öffentlichkeit ermöglicht haben. 

Helga König: Sollten Familienunternehmer vom Adel Strategien übernehmen, die sich positive auf die Nachhaltigkeit ihrer Unternehmen auszuwirken vermögen und wenn ja welche?

Andreas E. Mach
Andreas E. Mach: Tradition und Werte, Zusammenhalt der Familie und die Primogenitur, also das Vermögen immer an den ältesten Nachfolger zu vererben (wenn er sich dafür als geeignet erweist) sind Vorbilder der europäischen Aristokratie, von denen man sicherlich etwas lernen kann. Die Primogenitur ist übrigens nicht ungerecht, denn der Erbe übernimmt dann auch Verantwortung für seine Geschwister. Generell muss man sagen, dass viele Gesellschafter, die im Unternehmen arbeiten, seltener funktionieren als das Unternehmen einem fähigen Nachfolger zu geben und die anderen Kinder auszuzahlen oder ihnen andere Vermögenswerte zu übertragen. Bereits in der Industrialisierung war es nicht unüblich, dass Unternehmer ihre Unternehmensgruppen so aufgebaut haben, dass jedes Kind ein eigenes Unternehmen erben kann, eine recht altmodische aber sehr praktikable Lösung für die Unternehmensnachfolge. 

Helga König: Der Bayerische Hof wird nun in der vierten Generation von einer Frau geführt. Hätten viele untergegangene Familienunternehmen eventuell überleben können, wenn man Frauen die Führung problemloser anvertraut hätte, sofern sie sich als Nachkommen als fähiger gezeigt haben oder spielen Vorbehalte gegenüber Töchtern keine Rolle?

SHK Luitpold Prinz von Bayern: Ich glaube,  die Vorbehalte gehen in aller Regel nicht gegen die Töchter,  sondern subjektiv eher gegen die möglichen Schwiegersöhne, die während der erziehungsbedingten Pausen geneigt sind, die Führung zu übernehmen und damit in eine "andere" Familie zu übertragen. Objektiv kann dies sicher oft eine Fehlentscheidung sein. 

Andreas E. Mach: Es gibt sehr viele Unternehmen, die von Töchtern geführt werden, sehr erfolgreich. Ich glaube nicht, dass Töchter grundsätzlich in der Nachfolge benachteiligt sind, weil sie denselben Zugang zu Bildung und Erfahrung haben,  wie ihre Brüder. Manchmal gibt es gar keine männlichen Nachfolgen, wie bei den Volkhardts, manchmal hängt es davon ab, wer sich mehr für das Unternehmen interessiert. 

Bei Frauen in Führungspositionen ist die Diskussion übrigens eine andere, Töchter tun sich in der Nachfolge auf jeden Fall leichter als Frauen, die ins Top Management wollen. 

Helga König
Helga König: Begeistert hat mich der Innovationsgeist von Robert Freiherr von Süsskind und seiner Frau auf Schloss Dennelohe. Was können Familienunternehmer von ihm lernen, die Bedenken haben, dass die"Neue Zeit" für sie das Aus bedeutet?

Andreas E. Mach: Manche Unternehmen oder Vermögen können nur erhalten und weitergegeben werden, wenn eine Generation den Mut zum Bruch hat. Mut ist ein wichtiger Bestandteil von Unternehmertum, das haben die Süsskinds auf jeden Fall bewiesen. 

Helga König: Weshalb sind Netzwerke in heutiger Zeit bei aller Eigenständigkeit unumgänglich?

 SKH Luitpold Prinz von Bayern
SKH Luitpold Prinz von Bayern: Netzwerke waren in der Geschichte der Menschheit immer der Schlüssel zum Erfolg, denn ohne Netzwerk kein Informationsaustausch, keine Durchschlagskraft und sicherer Untergang in Krisensituationen. 

Andreas E. Mach: Netzwerke stiften Identität, geben die Möglichkeit sich auszutauschen, Menschen kennenzulernen, die dieselben Fragen und Herausforderungen haben. Es gibt viele langjährige Freunde und Gäste des ALPHAZIRKEL, die aus den Diskussionen und Begegnungen praktische Hilfestellungen für ihr eigenes Unternehmen und ihre Nachfolge oder Internationalisierung mitgenommen haben. Nicht wenige haben uns gesagt, dass sie ohne den ALPHAZIRKEL die Rolle des Nachfolgers, die sie heute erfolgreich ausfüllen, nicht hätten wahrnehmen können. 


Liebe Königliche Hoheit Luitpold Prinz von Bayern, lieber Andreas E. Mach, ich danke Ihnen für das aufschlussreiche Interview.

Ihre Helga König

Bitte klicken Sie auf den Link, dann gelangen Sie zum  Callwey-Verlag und können das Buch bestellen. Sie können es aber auch bei Ihrem Buchhändler um die Ecke ordern.http://www.callwey-shop.de/tradition-und-innovation.html

Bitte klicken Sie hier  zu: http://www.alphazirkel.de/

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen