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Helga und Peter J. König im Gespräch mit Philipp Rieger, Weingut Rieger, Buggingen-Betberg/ Baden

Lieber Philipp Rieger, heute haben wir sechs Ihrer Weine auf "Buch, Kultur und Lifestyle" vorgestellt. Deshalb möchten wir nun einige Fragen an Sie richten. 


Helga König: Damit unsere Leser eine Vorstellung haben, wo das Weingut Rieger zu finden ist, hier zunächst: Zu welcher Weinbau-Gemeinde gehört das Weingut Rieger, in welcher Wein-Region ist das und was zeichnet das Gebiet in Hinblick auf das besondere Terroir aus, das für besten Weinbau geeignet ist? 

 Philipp Rieger
Philipp Rieger: Das Weingut Rieger liegt in Südbaden im Markgräflerland in der Weinbaugemeinde Buggingen, genauer in Betberg, ein kleines, historisches Winzerdorf inmitten der Weinberge, ca 20 km südlich von Freiburg. Die Hügellandschaft am Fuße des Schwarzwaldes zeichnet sich aus durch sehr fruchtbare, tiefgründige Lößboden, die die Basis für hochwertige Burgunder Weine und  traditionell für den eleganten Gutedel sind. Durch die Burgundische Pforte, die sich im Südwesten zwischen Schweizer Jura und Vogesen erstreckt, begünstigt die Region der Warmluftstrom aus Südfrankreich.

 Peter J. König
Peter J. König:  2. Wie lange existiert das Gut, wer ist heute dafür verantwortlich und wieviel ha Rebfläche werden kultiviert und welche besonderen Lagen sollten unbedingt erwähnt werden? 

Philipp Rieger:  Seit Generation wurde auf dem Hof Ackerbau, Viehhaltung an auch immer Weinbau betrieben. Anfang der 80er spezialisierten sich meine Eltern Bernhard und Josepha zunehmend auf den An- und Ausbau ihrer Weine und gründeten 1984 das jetzige Weingut. Nach meiner Ausbildung (2001-2004) und dem Abschluss zum Winzermeister (2008) bin ich immer mehr in das Weingut reingewachsen, konnte mich im Keller ausprobieren, neue Ideen entwickeln und das Wachstum vorantreiben. Heute leite ich das Weingut mit etwa 15 ha Weinbaufläche. 

Zu unseren wichtigsten Lagen gehört, südlich von Betberg, die "Obere Steinig", eine Südterrasse. Wie der Name schon sagt, ist es hier recht steinig, für Markgräfler Verhältnisse. Wir haben lediglich eine Lössauflage von etwa 70 cm bis 1,20 m, darunter ist Kalkstein, wodurch unser "Spätburgunder Alte Reben" geschmacklich beeinflusst wird. Nördlich von Betberg, auf Heitersheimer Gemarkung liegt unser Südhang "Oberer Berg", wo unser Grauer Burgunder **SR** herkommt. Der Weinberg wurde von meinem Großvater,  Mitte der 1960er Jahre angelegt und zählt mit zu unseren ältesten Rebbeständen. 

 Helga König
Helga König: Welche Rebsorten werden überwiegend angebaut und welche Philosophie bestimmt das Erzeugen der Weine, in Hinblick auf die Bewirtschaftung der Weinberge, der Lese und der Kellerarbeit? 

Philipp Rieger: Unsere Hauptsorten sind Grauer Burgunder, Spätburgunder und Gutedel. Insgesamt werden 15 verschieden Sorten angebaut, so auch Muskateller, Gewürztraminer, Merlot, etc. Seit 2005 bewirtschaften wir unsere Fläche nach den Richtlinien des ökologischen Weinbaus und entwickeln uns hier ständig weiter. 2010 haben wir den nächsten Schritt, zum bio-dynamischen Weinbau gemacht. Wir lernen aus der Natur, achten auf natürliche Rhythmen und suchen nach der Balance im Weinberg, mit dem Ziel, gesunde und vollreife Trauben zu produzieren, welche die Basis für hochwertige Weine sind. Denn wenn ich im Weinberg meine Arbeit richtig mache, habe ich im Keller fast nichts mehr zu tun, ich muss nur begleiten. 

Peter J. König: Als Bio-Weingut müssen besondere Standards beim Weinmachen eingehalten werden, welche sind dies und worin unterscheiden sich diese von konventionellen Winzern? 

Philipp Rieger:  Die wichtigsten Unterschiede sind Düngung, Pflanzenschutz und Verzicht auf Herbizid. Bei der Düngung sähen wir z.B. Klee und Wicke ein, die Luftstickstoff sammeln, binden und nach Bedarf an die Pflanze abgeben. Der Pflanzenschutz ist für uns als Winzer sicherlich das schwierigste Thema, da wir im Prinzip nur Kupfer und Schwefel haben, die die Pilzereger direkt bekämpfen können. Darüber hinaus haben wir den indirekten Pflanzenschutz, das wiederum heißt: Balance im Wachstum, Stärken der natürlichen Abwehrkräfte und Kulturmaßnahmen zum richtigen Zeitpunkt z.B Entblätterung der Traubenzone, um eine schnellere Abtrocknung zu erreichen und die Bedingungen einer Infektion zu verschlechtern. Das alles funktioniert aber nur, wenn wir eine Biodiversität aufbauen, vor allem an Mikroorganismen, die dies System erst zum Laufen bringen! Und das heißt absolut keine Herbizide wie Glyphosat! 

Helga König: Der Klimawandel ist ja gerade bei Winzern ein sehr wichtiges Thema, welche Veränderungen zieht dies im Weinberg nach sich und wie wird darauf reagiert?

 Philipp Rieger
Philipp Rieger: Das Klima wird milder, unumstritten! Für uns bedeutet es, die Vegetation beginnt früher und die Ernte ist früher. Hört sich zunächst unspektakulär an, ist aber bei näherer Betrachtung mit gewissen Schwierigkeiten verbunden. Jüngstes Beispiel 2017 Februar und März waren überdurchschnittlich warm, wodurch der Austrieb etwa 4 Wochen früher erfolgte. Leider wurde es Ende April nochmal sehr kalt, wodurch alle jungen grünen Triebe erfroren waren. Schaden ca. 35% 2014: Kirschessigfliege. Neue Insekten machen sich breit und bedrohen die Ernte. Wir haben mehr Starkregen Ereignisse, längere Trockenphasen und höhere Temperaturen während der Ernte, da diese meist schon ab Anfang September beginnt und nicht erst im Oktober. Wir brauchen hier z.B. mehr Energie, um die warmen Trauben nach der Ernte zu kühlen damit die Gärung schön gezügelt erfolgen kann. Früher musste man wärmen, damit sie überhaupt startete. Die Trauben lagern mehr Zucker ein, da die Tage in der Reifephase länger und heißer sind. Auch die Säure baut sich schneller ab. Resultat Weißweine mit 14,5 vol%, das will doch keiner. Die Folgen sind enorm. Aber auch hier sehe ich den ökologischen Weinbau als die beste Möglichkeit, mit diesen Veränderungen klar zukommen. Stärkung des Rebstocks und balanciertes Wachstum um Stresssituationen (Trockenheit, Hitze, Starkregen) besser aushalten zu können. 

Peter J. König:  Unsere Leser möchten auch immer gerne wissen, wie sie die vorgestellten Weine beziehen können, gibt es etwa einen Online-Shop oder ist dies per E-Mail oder Fax möglich?

Philipp Rieger: Seit November haben wir einen Onlineshop, den finden Sie unter shop.weingutrieger.de, Sie können aber auch gerne Anrufen um Ihre Bestellung aufzugeben. 

Helga König: Am Authentischsten ist es die Weine dort zu probieren, wo sie gewachsen sind und erzeugt wurden. Besteht die Möglichkeit einer Weinprobe im Gut oder gibt es noch andere Veranstaltungen, wie etwa ein Hoffest, bei denen man die Weine verkosten kann?

 Philipp Rieger
Philipp Rieger:  Klar! Gerne vorbeikommen. Die Region ist auf jeden Fall einen Urlaub oder Kurztrip wert! Wir haben einen kleinen Verkauf, der von Mo-Sa geöffnet ist. Bieten verschiedene Veranstaltungen das Jahr über und freuen uns über Ihren Besuch. 

Peter J. König: Interessant ist auch wie der Winzer selbst seine Weine charakterisiert, was ist dazu zu sagen und nach welchen Kriterien werden diese qualitätsmäßig von Seiten des Guts eingeordnet?

Philipp Rieger:  Unsere Weine sind insgesamt gradlinig, sortentypisch und tragen eine klare Handschrift. Wir haben 3 Segmente. Unsere Basis, wie die Literflaschenweine oder unser "LUST" –Serie. Das sind fruchtbetonte Weine für jeden Tag. Unsere Gutsweine sind die Qualität, darüber es sind ausdruckstarke, sortentypische Weine mit einer saftigen, mineralischen Art, die sehr schön als Speisebegleiter eingesetzt werden können. Unsere Spitze prägen unsere **SR** Weine von alten Reben, die bis zu 50 Jahre alt sind, in Toplagen stehen und nur einen geringen Ertrag haben. Hinzukommt 100% Handlese, Spontangärung im Holzfass (ohne die Holzaromatik in den Vordergrund zu schieben) und ein langes Hefelager. Es sind Weine für den absoluten Genuss! Man sollte Sie in Ruhe genießen, beim schönen Essen und auch ohne, aber auf jeden Fall sollte man ihnen die Aufmerksamkeit schenken, die sie verdienen. 

Helga König: Gibt es besondere Auszeichnungen der Weine vom Bio-Weingut Rieger und findet sich das Gut bei den renommierten Weinführern wieder?

Philipp Rieger: Wir werden immer wieder ausgezeichnet, worüber wir uns sehr freuen. Jüngst: Bettebura Spätburgunder 2015 - Bester Bio-Wein Baden-Württembergs.  Oder 2 Sterne im Eichelmann Weinführer. Beim Gault Millau habe ich leider vergessen die Muster einzusenden. Aber nächstes Jahr denke ich dran. 

Peter J. König: Als Mitglied des Verbandes "Ecovin" hat sich das Gut ganz dem biologisch-dynamischen Weinbau verschrieben, welche Herausforderungen bringt diese Mitgliedschaft arbeitstechnisch mit sich und wie reagieren die traditionellen Kollegen im Umfeld darauf?

 Foto: Helga König
Philipp Rieger:  Vor 12 Jahren waren wir, als wir umgestellt hatten, ja schon auf dem Präsentierteller. Es wurde genau hingeschaut was die Riegers da machen. Gerade das Anrühren von Präparaten oder dessen Ausbringung sorgen beim einen oder anderen für ein Schmunzeln, wenn ich vor einem großen Behälter stehe und eine Stunde lang Wasser mit etwas präparierten Kuhdung abwechselnd 5 Minuten links- und rechtsum rühre. Aber irgendwie funktioniert die ganze Sache, meine Weinberge sehen vitaler aus und meine Weine werden immer noch ein bisschen besser. Mittlerweile haben wir den einen oder anderen angesteckt und zur ökologischen Bewirtschaftung bewegt, weil es funktioniert. Insgesamt sind wir mit dem, was wir tun und vor allem wie wir es tun, sehr erfolgreich.

Lieber Philipp Rieger, wir danken Ihnen vielmals für das aufschlussreiche Gespräch.

Ihre Helga König, Ihr Peter J. König

Fotos:  Julian Stöhr

Bitte klicken Sie auf  den Link, dann gelangen Sie zum Weingut Rieger und können  dort die Weine bestellen. www.weingutrieger.de

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