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Helga und Peter J. König im Gespräch mit Anja Schmitt-Kraiß, Privatweingut Schmitt, Bergtheim/Franken

Liebe Frau Schmitt-Kraiß, dieser Tage haben wir fünf Weißweine und einen Rotwein aus Ihrem Weingut  auf "Buch, Kultur und Lifestyle" vorgestellt. Deshalb möchten wir heute einige Fragen an Sie richten.


Helga König: Damit unsere Leser eine Vorstellung über das Privat-Weingut Schmitt haben, hier zunächst: Wo ist das Gut zuhause ist, in welchem Weinort, in welcher Region, und was zeichnet das Wein-Gebiet aus? 

 Anja Schmitt-Kraiß und  Frank Kraiß
Anja Schmitt-Kraiß: Unser Weingut liegt in der Mitte des Maindreiecks, das am Rande des Gebietes Volkacher Mainschleife gelegen ist. Etwas außergewöhnlich für den Weinbau, da sich normalerweise die meisten Weingüter und Weinberge direkt am Main befinden. In Bergtheim sind wir das einzige Weingut, ansonsten werden hier in der Umgebung sehr viel Gemüse, Erdbeeren, Himbeeren und Holunder angebaut. Der am Ortsrand, im Wasserschutzgebiet gelegene Weinberghang ist ein Ausläufer des unteren Keupers, des Gipskeupers. Im anschließenden Bannwaldgebiet wurde vor 100 Jahren noch Gips, der Alabaster, abgebaut. 

Von den Weinbergen auf 300m ü.N. aus, am Bergtheimer Harfenspiel, hat man einen wunderschönen Rundblick in die weitläufige Landschaft. Man sieht rechter Hand bis in die Rhön zur Wasserkuppe hinauf, schweift über den Gramschatzer Wald bis hinüber zur linken Seite in den Steigerwald zum Schwan- und Frankenberg. Die Süd-West-Weinbergslage und die feuchten Wiesen am Fuße des Bergtheimer Harfenspiels bieten das besondere Kleinklima für die Trauben. Bergtheim und das Weingut sind leicht zu finden, direkt an der B19 zwischen Würzburg und Schweinfurt gelegen und nur 4 km von der Autobahn A7 entfernt. 

 Peter J. König
Peter J. König: Wie lange existiert das Weingut, wer ist heute für die Weine verantwortlich und wieviel ha Rebfläche werden kultiviert? 

Anja Schmitt-Kraiß: Die Familie war schon seit je her mit den Weinreben verbunden. Auf einem Foto von 1928 stand bereits der Bocksbeutel inmitten eines Familienfotos. 1944 bekamen Ernst und Amanda Schmitt zu ihrer Hochzeit 1/3 Hektar Weinberg in Folge der Realteilung von den Eltern von Ernst geschenkt. Aus dem kleinen Stück Weinberg wurde nach und nach mehr. Als dann Manfred Schmitt in den 1960iger Jahren seine Ausbildung zum Winzer machte, strukturierte er den eher landwirtschaftlich geprägten Betrieb Stück für Stück um in einen reinen Weinbaubetrieb. Heute bewirtschaften wir 30 Hektar Rebfläche und 3 Hektar Obstbau (Äpfel, Birnen, Zwetschgen, Mirabellen, Pfirsich). Mein Mann Frank Kraiß kümmert sich um den Weinanbau sowie -ausbau und ich bin für das organisatorische Drumherum und die Vermarktung zuständig. Meine Eltern Manfred und Helene Schmitt gehen auf verschiedene Weinfeste zum Ausschank oder sind im Weinverkauf mit dabei. Weil wir nicht alles alleine bewerkstelligen können, haben wir noch 8 Mitarbeiter und einen Azubi, ebenso Saisonarbeitskräfte und Aushilfen für die Veranstaltungen. 

 Helga könig
Helga König: Welche Rebsorten werden überwiegend angebaut, welche besonderen Lagen gilt es zu erwähnen und welches Terroir ist dort zu finden? 

Anja Schmitt-Kraiß: Die wichtigste Rebsorte für Franken – auch für uns - ist der Silvaner. Allerdings ist der Bacchus  der Renner auf den Weinfesten. Nicht fehlen darf der Müller-Thurgau, er ist die Brotsorte der Franken. Oftmals wird er bei anderen Weingütern in Cuvées versteckt. Aber wir stehen zu ihm. Er gibt herzhafte, vollmundige Schoppenweine. Besonders bei jungen Leuten kommt dieser gut an, weil er aromatischer ist als der Silvaner. Ansonsten haben wir noch Scheurebe, Perle (wird geliebt von Kunden, die mit der Säure Probleme haben), Sauvignon Blanc, Riesling, Rieslaner und Gewürztraminer. Der Kerner kommt komplett in den Glühwein. Ein Anteil von 20% ist rot. Hier ist der Spätburgunder  die Hauptrebsorte, gefolgt von Domina, die bei uns nur im Cuvée mit Spätburgunder vinifiziert wird, zudem haben wir noch Cabernet Dorsa/Dorio und Regent im Angebot. 

Das Kernstück ist das Bergtheimer Harfenspiel mit 15 Hektar Rebfläche. Der Unterbau besteht aus Gipskeuper-Ausläufer mit einer wasserspeichernden Lösslehmschicht. Die 25km entfernt gelegenen Weinberge am Mittelmain in Thüngersheim und Retzbach haben Muschelkalk als Bodenbeschaffenheit. Besonders charaktervoll sind am Retzbacher Benediktusberg - hoch oben auf der 100 Meter hohen Felswand-  die steilen, querterrassierten Weinberge mit 68% Hangneigung. Kleine Parzellen besitzen wir noch am ehrwürdigen Escherndorfer Lump und im 40 km entfernten Steigerwald, unterhalb der Ruine Stollburg auf Gipskeuperböden, insgesamt weitere 5 Hektar Rebfläche. Alles ist etwas weit verstreut, aber ideal, falls es mal Frost oder Hagel gibt. 

Peter J. König: Welche Philosophie prägt das Weinmachen im Gut, bezüglich der Weinbergspflege, der Lese und der Kellerwirtschaft? 

 Privatweingut Schmitt
Anja Schmitt-Kraiß: Unsere Devise heißt: So wenig wie möglich, so viel wie nötig. Allerdings, ganz Bio sind wir noch nicht, jedoch auf dem besten Weg dorthin. Begrünt sind die Rebzeilen schon immer. Für ausreichend Humus sorgt Pferdemist, den wir ausbringen.  Um den Traubenwickler in den Griff zu bekommen, hängen wir Pheromon-Ampullen aus. Man könnte auch dagegen spritzen, was wir aber nicht möchten. Im Weinkeller wird der Wein einmal mit Crossflow gefiltert, das war´s dann. Viele Weine lassen wir spontan angären, bei Bedarf mit Reinzuchthefe, damit die Weine in eine bestimmte Richtung gehen. Im Weinkeller ertönen klassische Musik und Choralgesänge – sehr authentisch, allerdings verständlicherweise nicht live. 

Helga König: Klimawandel ist heutzutage gerade bei den Winzern ein ganz großes Thema, wie wirkt sich dieser auf die Weinberge vom Weingut Schmitt aus und welche Möglichkeiten werden ergriffen, um drauf zu reagieren? 

 Familie Kraiß
Anja Schmitt-Kraiß: Zum Beispiel werden bei uns nur die frisch gepflanzten Rebstöcke bzw. die Jungfelder mittels Tröpfchenbewässerung aufrecht erhalten. Ansonsten bekommen die älteren Rebstöcke kein Wasser. Wasser ist zu wertvoll, da halten wir lieber die Laubwand kurz, die Grüneinsaat bzw. Dauerbegrünung wird gewalzt, bei Bedarf gemulcht und die Trauben am Stock reduziert. So können ältere Rebstöcke auch ohne zusätzliches Wasser auskommen. Dann haben wir noch Weinberge im Minimalschnitt – Naturwuchs, der hauptsächlich in Australien zur Anwendung kommt. Hier dünnt der Rebstock von alleine aus und wirft überschüssige bzw. schwach- wüchsige Rebzweige von selbst ab. Außerdem spart die Bewirtschaftung ein Vielfaches an Arbeitszeit. Aufgrund der Erziehungsform bildet sich über der Rebzeile die Laubwand wie ein großer Schirm aus und wirft somit Schatten auf den Rebstock.  

Peter J. König: Unsere Leser möchten immer auch gerne wissen, wie sie die hier vorgestellten Weine beziehen können, gibt es dazu einen Online-Shop und ist dies auch per E-Mail, Fax oder per Telefon möglich, nachdem man sich auf der Homepage kundig gemacht hat? 

 Foto: Helga König
Anja Schmitt-Kraiß: Bei uns kann man anrufen, eine E-mail schreiben oder auch im Internet im Weinshop bestellen. Manchmal erhalten wir auch noch handschriftliche Briefe. Wir freuen uns aber auch, wenn der Kunde direkt auf das Weingut kommt. Der Weinkauf ist täglich von Mo.-Sa. geöffnet, zur Federweißer-Zeit auch sonntags. 

Helga König: Nichts ist so authentisch die Weine dort zu verkosten, wo sie gewachsen und erzeugt wurden. Besteht die Möglichkeit einer Weinprobe im Gut, eines Hoffestes oder sonst einer Veranstaltung im Privat-Weingut wo man die Weine probieren und direkt erwerben kann? 

 Anja Schmitt-Kraiß und  Frank Kraiß
Anja Schmitt-Kraiß: Bei einem Besuch auf unserem Weingut kann man immer die Weine verkosten. Für Gruppen bieten wir nach Voranmeldung auch abends eine Weinprobe mit Brotzeit an oder machen eine Weinbergswanderung mit Weinverkostung an der Weinbergskapelle am Bergtheimer Harfenspiel. Dann gibt es auch noch verschiedene Events auf dem Weingut, so etwa den Weinerlebnistag im September, das Herbstfest im Oktober, den Weihnachtsmarkt am 1. Advent und einen sogenannten Wein-Walk,  eine Frühlingsweinverkostung im April. 

 Peter J. König
Peter J. König: Interessant ist auch immer, wie der Winzer seine Weine selbst charakterisiert, was gibt es dazu zu sagen? 

Anja Schmitt-Kraiß: Erst heute wieder haben wir zwei Silvaner, die noch im Keller liegen, aber demnächst abgefüllt werden, verkostet. Unsere Weine sind in ihrer Säurestruktur sehr gefällig. Bekömmlich darf man ja nicht mehr sagen. Der Wein muss so schmecken, dass man nach dem ersten Schluck Lust bekommt, mehr davon zu trinken. Der Wein soll Spaß machen. Unsere Weine fallen doch schon etwas aus der Reihe. Zunächst scheinen sie noch etwas verschlossen und  zurück- haltend, aber wenn man das Glas etwas hin und her schwenkt, den Weinen also genügend Sauerstoff gibt und etwas wartet, dann entfalten sie ihr volle Klasse und Aroma. So wie wir Franken eben sind, es dauert "a bisserle", bis wir uns öffnen. 

 Helga König
Helga König: Gibt es besondere Auszeichnungen der Weine vom Privat-Weingut Schmitt, die es gilt zu erwähnen, und werden diese auch von renommierten Wein-Magazinen empfohlen?

Anja Schmitt-Kraiß: Immer wieder beteiligen wir uns bei verschiedenen professionellen Weinverkostungen. Wichtiger ist uns allerdings, dass der Wein unseren Kunden gut mundet. Dies ist unsere eigentliche Challenge.  Von der Fachzeitschrift "Selection" sind wir seit vielen Jahren mit Goldmedaillen für unsere Glühweine ausgezeichnet worden. Der Weincocktail wurde zum besten Sommergetränk von "Selection" und "Savoir Vivre" prämiert. Gold und Silber gab es bei AWC Vienna, der weltweit größten professionellen Weinprobe und die Rotweine wurde beim Meininger Rotweinpreis mit guter Punktzahl ausgezeichnet. Unser Regent war im Buch "1000 vin du monde" aufgeführt. Und was nicht ist, kann ja noch werden bezüglich einer zukünftigen Auflistung bei den Weinführern Falstaff, Eichelmann und Co, wir arbeiten mit vollem Engagement daran. 

Peter J. König: Was sollte unbedingt über die besonderen Glühweinen gesagt werden? 

 Familie Kraiß
Anja Schmitt-Kraiß: Dass die Glühweine so gut ankommen, hätten wir vor 15 Jahren, als wir damit anfingen, nicht gedacht, die geniale Kombination aus aromatischen Grundweinen und natürlichen Gewürzen. Es ist uns wichtig, keine Aromen einzusetzen. Einfach nur ein Aroma zuzusetzen, das ist keine Kunst. Die natürlichen Gewürze sind nicht jedes Jahr gleich – aber das genau ist das Spannende wie beim Wein. Jedes Jahr gibt es neue Herausforderungen. Heute macht der Glühwein fast ¼ des Gesamtumsatzes aus. Wir beliefern große Weihnachtsmärkte, ebenso auch viele kleine regionale Märkte zur Weihnachtszeit. Der Trend allgemein geht zum natürlichen und guten Geschmack, so wie wir ihn herstellen, weg von dem gewöhnungsbedürftigen Glühwein vergangener Jahre. 

Liebe Anja Schmitt-Kraiß, wir danken Ihnen vielmals für  das aufschlussreiche Gespräch.

Ihre Helga König. Ihr Peter J. König

Bitte klicken Sie auf das Foto, dann gelangen Sie zum  Privatweingut Schmitt und können den Wein dort bestellen: https://www.privat-weingut-schmitt.de/ 





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